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Kultur: Schreibwaren

VOR >> Bodo Mrozek über Meeresprosa und Schwimmbadlesungen Manchmal gleicht die Literatur dem Meer: Ein Roman oder ein Manifest kann nicht nur Wellen, sondern wahre Orkane der Aufregung verursachen. Dabei treiben gerade die heftigen Winde den Segler auf den Meeren der Literatur nicht immer in angenehme Gefilde, und auch das Surfen auf vermeintlich günstigen Wellen führt früher oder später zu einer Landung auf trockenem Sand.

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Bodo Mrozek über Meeresprosa

und Schwimmbadlesungen

Manchmal gleicht die Literatur dem Meer: Ein Roman oder ein Manifest kann nicht nur Wellen, sondern wahre Orkane der Aufregung verursachen. Dabei treiben gerade die heftigen Winde den Segler auf den Meeren der Literatur nicht immer in angenehme Gefilde, und auch das Surfen auf vermeintlich günstigen Wellen führt früher oder später zu einer Landung auf trockenem Sand. Derzeit herrscht ohnehin eher eine Flaute. Die Segel der großen Verlagsschiffe hängen schlaff an angeknacksten Masten, und die Kapitäne auf den Brücken suchen mit brennenden Augen nach dem rettenden Ufer.

Das kleine Boot, das heute Abend in Berlin vor Anker geht, ist keine große Fregatte, sondern eher eine elegante Yacht und trägt den programmatischen n „mare“. Nikolaus Gelpke, Vater von „mare - Zeitschrift der Meere“ und der gleichnamigen Fernsehreihe hat sich den lang gehegten Wunsch eines eigenen Buchverlages erfüllt. Steuermann an Bord ist Nikolaus Hansen, der vormalige Rowohlt-Chef. Die unter seiner Ägide entstandene marebibliothek ist eine rein belletristische Reihe, in der vom Verlag ausgewählte Autoren gebeten werden, Erzählungen rund um das Thema Meer zu schreiben. Sigrid Löffler stellt das junge Projekt, das manchen Beobachtern wie ein Kap der guten Hoffnung erscheint, heute im Literarischen Colloquium vor. Antje Rávic Strubel wird dabei aus ihrer bereits in der Bibliothek erschienen Erzählung „Fremd gehen“ lesen, in der es um einen Mord an der Kreuzberger Admiralsbrücke geht. Opfer ist ein alter Mann im Kapitänsmantel, der unübersehbare Spuren heftigen Kontakts zu einer Schiffsschraube zeigt. Außerdem lesen John von Düffel („Vom Wasser") und Annegret Held, die zur marebibliothek demnächst die Nordsee-Geschichte „Das Zimmermädchen“ beisteuern wird (20 Uhr, Am Sandwerder 5, Wannsee).

Gewissermaßen am Wasser spielt auch die Literaturnacht am kommenden Freitag, nämlich im Stadtbad Oderberger Straße. „Literaturvergnügen statt Badespaß" nennt sich der Lesemarathon, den zehn im Prenzlauer Berg lebende Autoren bestreiten (am 27.9. um 20 Uhr in der Oderberger Str. 57-59). Auf Einladung der Neuen Gesellschaft für Literatur lesen in dem schönen alten Renaisscance-Bad Schriftsteller wie Surfpoet Ahne, die Suhrkamp-Autorin Katharina Hacker, der schreibende Arzt Jakob Hein, der Kolumnist Wladimir Kaminer oder der Slammer und Dramatiker Till Müller-Klug. Tanja Dückers wird aus ihrem neuen Roman „Himmelskörper“ lesen, der im Frühjahr bei Aufbau erscheint und sich, ebenso wie „Im Krebsgang“ von Günter Grass, mit dem Schicksal des Flüchtlingsschiffes Wilhelm Gustloff beschäftigt.

Gänzlich unmaritim dagegen ist die Lesung von Michael Ebmeyer am kommenden Montag. Der 1973 geborene Autor und Musiker liest aus seinem Romandebüt „Plüsch“ am zum Titel passenden Ort, der Wohnzimmer-Bar „Scotch & Sofa“ (am 30.9. um 19 Uhr in der Kollwitzstraße 18, Prenzlauer Berg). „Plüsch“ ist eine Geschichte an der Jahrtausendwende, in der die Gründerjahre der Berliner-Republik noch einmal Revue passieren. Zwei Freunde erleben Aufstieg und Scheitern und nehmen dabei immer wieder auf einem gut gepolsterten Möbelstück Platz, dass zum Symbol dieser Ära wird.

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