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Kultur: Schrittmacher

Mit dem Tanzplan Deutschland hat die Bundeskulturstiftung viel bewegt

Von Sandra Luzina

Als die Kulturstiftung des Bundes 2005 den „Tanzplan Deutschland“ auflegte, ging es darum, herauszufinden, wie sich der Tanz hierzulande strukturell stärken lässt. Die offene Recherche entfaltet bald eine enorme Dynamik: Das Tanzplan- Team hat in großem Maßstab die Tanzschaffenden, die auf lokaler und regionaler Ebene agieren, eingebunden und sich ihre Kompetenzen zunutze gemacht. Und auch die Politik musste sich bewegen. Denn der Tanzplan, für den die Bundeskulturstiftung 12,5 Millionen Euro zur Verfügung stellte, funktionierte nach dem Prinzip des Matchfundings. Die Projekte kamen nur zustande, wenn Städte und Kommunen jeweils die Hälfte der benötigten Summe beisteuerten.

Auf einer Pressekonferenz in den Berliner Uferstudios zogen nun Hortensia Völckers, die künstlerische Direktorin der Bundeskulturstiftung, sowie die Projektbeteiligten eine positive Bilanz. „Wir hatten das Glück, dass wir zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Leuten kooperiert haben“, sagte Völckers. Bundesweit wurden mehr als 400 maßgebliche Institutionen und Partner in das Projekt einbezogen. Insgesamt wurden 21 Millionen in den Tanz investiert. Und auch wenn der Tanzplan jetzt ausläuft, entfaltet er doch weiter seine Wirkung.

80 Prozent der initiierten Projekte – vor Ort wie auf Bundesebene - können fortgesetzt werden. Auf Nachhaltigkeit war die Initiative von Anfang an angelegt. So manches erprobte Projekt steht allerdings immer noch auf der Kippe: So ist zum Beispiel ungewiss, ob das Nationale Performance Netz, das innerdeutsche wie internationale Koproduktionen förderte, eine Folgefinanzierung erhält.

Projektleiterin Madeline Ritter nahm gleich Stellung zu den Hauptkritikpunkten: Einerseits wurde wiederholt moniert, dass die Gelder vor allem in die Strukturen geflossen seien. Andererseits hieß es immer wieder, beim Tanzplan gehe es um Bildung, nicht um Kunst. „Tatsächlich ist der Tanzplan eine große Bildungsoffensive gewesen“, betonte Ritter. 13000 Teilnehmer verzeichneten allein die Kinder- und Jugendtanzprojekte. Doch gleichzeitig wurden auch 1277 Tanzaufführungen produziert und präsentiert. Choreografen aus über 50 Nationen haben mitgewirkt.

Neun Städte hatten von der Bundeskulturstiftung den Zuschlag für Projekte zur Profilierung des Tanzes erhalten. Berlin hat besonders profitiert vom Tanzplan. Hier ist gleich ein neuer Studiengang begründet worden. Das Hochschulübergreifende „Zentrum Tanz“ ist nach erfolgreicher Pilotphase in den Hochschulrahmenplan übernommen worden – hier kann weiter studiert und geforscht werden Und mit den neu gestalteten Uferstudios im Wedding verfügt Berlin nun über ein Tanzzentrum, wo künstlerische Produktion, Information und Ausbildung unter einem Dach vereint sind.

„Das Berliner Projekt war ganz sicher das Aufregendste“, bestätigte Madeline Ritter. Wie in der Hauptstadt freie Tanzszene, Hochschulen und Senat an einem Strang gezogen haben, das war in der Tat vorbildlich.

Doch auch in Frankfurt wurde die freie Szene gestärkt. Dank der klugen Überzeugungsarbeit von Dieter Heitkamp (Hochschule für Musik und Darstellende Kunst), Dieter Buroch (Künstlerhaus Mousonturm) sowie des Komponisten Heiner Goebbels verfügen die Frankfurter nun sogar über ein höheres Budget als zu Tanzplanzeiten. Problematisch sieht die Lage in Potsdam und Bremen aus. Potsdam etwa will die Residenzprogramme für Choreografen nicht weiter finanzieren. Hier hat sich so mancher Politiker durch Ignoranz hervorgetan.

Ein weiteres Resultat der Tanzplan-Aktivitäten lag bei der PK druckfrisch auf dem Tisch: Das von Ingo Diehl und Friederike Lampert herausgegebene Arbeitsbuch „Tanztechniken 2010“ stellt exemplarische Arbeitsweisen von internationalen Pädagogen vor. Und am 5. Februar wird der Prototyp des „Digitalen Atlas Tanz“ online geschaltet, den die Akademie der Künste unter ihre Fittiche genommen hat.

Das Tanzplan-Team hat in den vergangenen fünf Jahren die Rolle des Moderators und Katalysators übernommen – mit durchschlagendem Erfolg. Nach dem Auslaufen des Tanzplans müssen die vielfältigen Projekte nun auf eigenen Beinen stehen. Nachdem die Entwicklung erst einmal angeschoben wurde, müsse auch weiterhin viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Dies gab die Mutter Tanzplan ihren Schützlingen noch mit auf den Weg. Derzeit wird diskutiert, ob ein nationales Tanzbüro die Arbeit übernehmen kann. Auf jeden Fall stehen nun die Kreativen in der Pflicht.

International ist der Tanzplan Deutschland übrigens bereits zum Modellprojekt avanciert. Die Schweiz, Spanien und Australien haben ebenfalls Tanzpläne entwickelt – und sogar das krisengeschüttelte Island.

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