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Kultur: Schule ist toll

„Leon und Leonie“ im Grips-Theater.

Leon und Leonie haben bislang alles zusammen gemacht. Sogar krank geworden sind sie zur selben Zeit. Wie es sich eben gehört für Zwillinge, selbst wenn sie zwei Eier waren, wie Leonie sagt. Aber jetzt werden die geschwisterlichen Bande auf die Probe gestellt. Leon kommt in die Schule. Leonie nicht. Obwohl sie beide „Kann-Kinder“ sind, also Fünfjährige, die auf Antrag der Eltern schon Erstklässler werden können. Aber das Mädchen hat in den Augen von Mutter und Vater noch Förderbedarf. Sie geht zur „Ärger-Therapie“ und spricht angeblich nie in vollständigen Sätzen. Verkehrte Welt: Leon hat Bammel vor der Schule und muss hin. Leonie will unbedingt und darf nicht.

Eine schöne Ausgangslage, die der Berliner Autor Thilo Reffert sich ausgedacht hat. Das ABC-Schützenfest für Menschen ab fünf ist verdientermaßen mit dem „Berliner Kindertheaterpreis 2011“ ausgezeichnet geworden, den das Grips- Theater in Verbindung mit einer Uraufführungsgarantie vergibt. Die Schule mal als Sehnsuchtsort gezeichnet zu bekommen, nicht als problembeladene Vorhölle voll prügelwütiger Migrantenkids, das ist gerade in Berlin erfrischend.

Auch Leon (gespielt vom Paul Jumin Hoffmann) hat seine erste Scheu vor der Tafel und dem Pausenhoftrubel bald überwunden. Und mit einem Jungen namens Tigran (Jens Mondalski) Freundschaft geschlossen, der damit prahlt, ein echtes Tottenham-Trikot zu besitzen. Okay, gesehen hat’s bislang noch niemand. Damit nun aber nicht alles Harmonie bleibt, nutzt Autor Reffert seinen Kästner’schen Zwillings-Kunstgriff, um ein bisschen Verwirrung zu stiften. Leonie (Alessa Kordeck) überredet ihren Bruder, an seiner Stelle einen Tag zur Schule gehen zu dürfen – und bringt dabei so einiges durcheinander. Statt Fußball mit Tigran spielt sie Gummihops mit den Mädchen. Und zu Leons Entsetzen wird sie von der Lehrerin (Katja Hiller) im Mitteilungsheft auch noch für gute mündliche Mitarbeit gelobt. Eigentlich sollte jetzt dem Letzten klar sein, dass Leonie schulreif ist. Aber wie bringt man das den Eltern bei (die mit Perücke und Schnauz beide von Roland Wolf gespielt werden)?

Regisseur Jörg Schwahlen bringt diese liebenswerte i-Dötzchen-Geschichte mit dem gebührenden Humor auf die Bühne von Nadia Schrader. Ein paar Holzbänke, die Klassen- und Kinderzimmer bedeuten, ein Sonnen- und ein Mond-Mobile für die Tag-Nacht-Wechsel, mehr braucht es hier nicht. Schwahlen erzählt die durchaus verzwickte Verwechslungskomödie entsprechend kindgerecht und mitnehmend, vor allem gibt er seinem Zwillingspärchen im Strickpulli-Partnerlook genug Raum, zu Sympathieträgern zu wachsen. Der Einschulungssong, den Michael Brandt und Thomas Keller in Variationen spielen, tut sein übriges, um die Lust aufs Lernen auch im jungen Publikum zu wecken. So wird „Leon und Leonie“ zum Lehrstück ohne Oberlehrergestus – Schule kann Spaß machen, so einfach ist das (wieder am 25./26.9., 10 Uhr, ausverkauft). Patrick Wildermann

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