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Am Licht. Das Bild "Leonie" von Otto Dix im Kunstmuseum Bern.

© Klaunzer/dpa

"Schwabinger Kunstfund": Bern und Bonn zeigen erstmals Werke aus Gurlitt-Sammlung

Die Kunstsammlung Gurlitt stand lange unter Verdacht, aus NS-Raubkunst zu bestehen. Das bewahrheitete sich nicht. Am Donnerstag eröffnet ein Teil Ausstellung in der Bonner Bundeskunsthalle.

Die als „Schwabinger Kunstfund“ bekannt gewordene Hinterlassenschaft des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt ist erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen. Ein Teil des bei seinem Sohn Cornelius Gurlitt in dessen Münchner Wohnung beschlagnahmten Kunstbesitzes wird seit Mittwoch im Kunstmuseum Bern unter dem Titel „Bestandsaufnahme Gurlitt. ,Entartete Kunst’ – Beschlagnahmt und verkauft“ ausgestellt.

Die rund 1500 zumeist grafische Werke umfassende Sammlung stand unter dem Verdacht, ganz oder überwiegend aus NS-Raubkunst zu bestehen. Dieser Verdacht hat sich nur für wenige Werke bestätigt; lediglich fünf Arbeiten konnten bislang an die Erben jüdischer Eigentümer restituiert werden.

Bei einer Vielzahl von Arbeiten steht eine abschließende Prüfung aus. In Bern werden gemäß der Vereinbarung zwischen dem Kunstmuseum als dem von Cornelius Gurlitt unmittelbar vor seinem Tod am 6. Mai 2014 eingesetzten Alleinerben, der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern – der die Ermittlungen gegen Cornelius Gurlitt ursprünglich wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung geführt hatte – ausschließlich Werke gezeigt, die vom Verdacht auf Raubkunst unbelastet sind. Das betrifft insbesondere Arbeiten, die im Zuge der NS-Aktion „Entartete Kunst“ in deutschen Museen beschlagnahmt und an Hildebrand Gurlitt verkauft wurden.

Die Berner Ausstellung zeigt ausschließlich Arbeiten, für die die Herkunft als NS-Raubkunst ausgeschlossen werden kann oder zumindest keinerlei Verdachtsmomente bestehen. Daher konzentriert sich die Ausstellung mit knapp 160 Arbeiten auf den Bereich der von den Nazis in deutschen Museen beschlagnahmten „Entarteten Kunst“.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die die Provenienzrecherche des Gurlitt-Bestandes wesentlich befördert hatte, sagte am Mittwochabend zur Eröffnung der „Ausstellung in Bern, die dieses perfide Kapitel der nationalsozialistischen Kunstpolitik beleuchtet“, sie sei „ein wichtiger Teil unseres gemeinsamen Bemühens um Aufklärung und Transparenz.“. An diesem Donnerstag wird der zweite Teil des Ausstellungsvorhabens in der Bonner Bundeskunsthalle vorgestellt.

Kritik an Umgang deutscher Kunsthändler mit der NS-Zeit

Ronald Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, kritisiert die Rolle der deutschen Kunsthäuser in der Debatte um die Sammlung Gurlitt. „Es gibt weiterhin Museen und Sammlungen, die keine Provenienzforschung betreiben.

Und leider sind auch die Archive noch immer nicht in dem Maße zugänglich, wie sie es eigentlich sein sollten. Einige Institutionen ziehen es vor, sich hinter Datenschutzverordnungen zu verstecken", sagt Lauder in der neuen Ausgabe der „Zeit“.

Weiterhin seien unzählige Opfer und deren Erben auf der Suche nach ihrem in der NS-Zeit entwendeten Eigentum. Es lebten „einige der Profiteure dieser Verbrechen noch immer unter uns“. Der Druck auf jene, die sich der Vergangenheit noch nicht gestellt haben, sei aber gestiegen, so Lauder.

„Das Versteckspiel ist definitiv vorbei.“ Nun müssten auch private Eigentümer von Nazi-Raubkunst dazu verpflichtet werden, den rechtmäßigen Eigentümern ihre Kunstwerke zurückzugeben. „Ich befürchte, dass private Sammlungen dafür mehr Anreize brauchen werden“, sagt Lauder. „Für mich ist das eine der wichtigsten Aufgaben der Bundesregierung.“

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