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„Warpainting“ von Streuli.

© Jens Ziehe

Schweizer Malerin: Christine Streuli erhält den Fred-Thieler-Preis

Starke Farben und große Formate: Christine Streuli erhält den Fred-Thieler-Preis. Ihre aktuelle Serie „Warpainting“ ist in der Berlinischen Galerie zu sehen.

Fred Thieler hätten die Werke von Christine Streuli gefallen. Gemeinsam haben der 1999 verstorbene Berliner Vertreter des Informel und die in Berlin lebende Schweizer Künstlerin eine Vorliebe für starke Farben und große Formate. Nun erhielt die 41-Jährige in der Berlinischen Galerie den Fred-Thieler-Preis. Der von Thieler gestiftete Preis ist mit 10 000 Euro dotiert und zeichnet in Deutschland wirkende Künstler aus, die starke „Positionszeichen“ setzen. Streuli tut das.

2007 bespielte sie als eine der jüngsten Vertreterinnen den Schweizer Pavillon der Venedig Biennale. Seit 2015 lehrt sie als Gastprofessorin an der Universität der Künste Berlin. Bekannt wurde sie vor allem für ihre vielschichtigen Collagen in grellen Farben. Kompositionen wie kurz vor der Explosion, in denen sie unterschiedliche Muster und Formen, vom Stickmuster über Tape bis hin zu Textilstoffen miteinander verwebt und mit Zitaten aus Popart und Werbung spickt.

Berlinische Galerie zeigt aktuelle Werke

Die Berlinische Galerie zeigt nun Werke aus Streulis aktueller Serie „Warpaintings“. Militärische Tarnmuster triefen in knalligen Farben von den großflächigen Leinwänden wie koloriertes Blut. Die Bilderflut, die uns heute aus den vielen Kriegsgebieten erreicht, wecke sofort bestimmte Assoziationen, so Streuli. „Dabei kann man das Wort Krieg sehr vielseitig gebrauchen. Man führt auch Krieg mit sich selbst, gegen den Nachbarn... Es ist ein Wort, das provoziert.“ Streuli geht es auch um den inneren Kampf mit der Malerei und den Wunsch nach mehr Freiheit in der eigenen Arbeit.

An der Wand gegenüber hängen Collagen, die 2002 und 2003 in New York und Kairo entstanden sind. Blasse Zeitungsfotos von Kriegseinsätzen der USA in Irak und Afghanistan hat die Künstlerin mit strahlenden Acrylfarben oder Klebefolie bearbeitet. So verwandelt sich die Rauchwolke einer explodierenden Mine durch zwei leuchtende Farbkleckse in ein orange-äugiges Fantasiewesen.

Es ist die Umdeutung von Inhalt durch Form, aber auch ein Spiel mit der Illusion, das von Kontrasten lebt. In ihren Werken dominieren mal ornamental geschwungene, dann wieder harte Kanten. Mal wirkt ein „Warpainting“ dreidimensional, ist beim näheren Herantreten aber ganz flach. Die Bilder wirken bewegt, als würden sie ein Eigenleben führen. „Wenn die Farbe einmal fließt, kann man sie nur noch aufhalten, indem man die Leinwand hinlegt und sie damit stoppt“, so Streuli. Für sie ist Malen auch ein Geschehenlassen, in dem Farbe und Form autonom werden. Das Beobachten und ununterbrochene Arbeiten am Werk öffne ihr dabei immer neue Türen. Fred Thieler, der Malen als „forschendes Tun“ verstand, hätte auch das gefallen.

Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124-128, 10969 Berlin, bis 9. 10.

Nina Raddy

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