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Kultur: Schwerpunkt ist die "Orientalische Frage"

Politische Geschichte hat Konjunktur, schreibt Dan Diner. Gerade jetzt, nach dem Ende des Kalten Krieges, gewinnen Konzepte und Begrifflichkeiten wie Nation, Nationalität und Minorität, die eigentlich eher mit dem 19.

Politische Geschichte hat Konjunktur, schreibt Dan Diner. Gerade jetzt, nach dem Ende des Kalten Krieges, gewinnen Konzepte und Begrifflichkeiten wie Nation, Nationalität und Minorität, die eigentlich eher mit dem 19. Jahrhundert in Verbindung gebracht werden, wieder an Bedeutung. Ein Schwerpunkt des aktuellen Jahrbuches ist daher die "Orientalische Frage", der schleichende Zerfall des Osmanischen Reiches und das Aufkeimen der verschiedenen Nationalismen im ehemaligen Herrschaftsbereich Konstantinopels, die schon damals wie heute eine mörderische Dynamik entfalten konnten und die Geschichte Europas so schicksalhaft bestimmen sollten. Besonderes Interesse verdient der Beitrag Eli Bar Chens. Er geht am Beispiel der Geschichte der ursprünglich supra-nationalen Jüdischen Hilfsorganisationen Alliance Israélite der Frage nach, ob der Prozess einer Nationalisierung die jüdischen Minoritäten überall in Europa ergriff oder rein jüdische Interessen und Solidarität vor denen ihrer Heimatländer rangierten. Bemerkenswert ist auch Markus Kirchhoffs Darstellung der europäischen Palästinawissenschaft im 19. Jahrhundert. Diese ließ im wahrsten Sinne des Wortes "Text zu Land" werden und trug mit ihrer wissenschaftlichen Vorgehensweise - durch die "sakrale Geographie" und die "mentale Vermessung" des "geglaubten" Heiligen Landes - wesentlich dazu bei, dass Palästina von Europa wiederentdeckt wurde.Dan Diner: Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte, Bleicher Verlag, Gerlingen 1999. 505 S. 78 DM.

Ralf Balke

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