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Kultur: Schwung der Peitsche

KUNST

Seine Peitschen sausen durch die Luft. Umringt von Raubkatzen, hat „Der Dompteur“ alle Hände voll zu tun. Ein Bild zwischen Erregung und Bändigung, eine Beschreibung innerer Zustände. Als Hans-Ulrich Buchwald den Tigerkäfig 1968 in Linol schnitt, stellte Paragraph 175 noch jede homosexuelle Annäherung unter Strafe. Der 1925 geborene Künstler konnte seine Homosexualität nur im Verborgenen ausleben, vor seiner Frau verbarg er die schwulen Abenteuer. Mit Buchwalds Ölbildern, Aquarellen und Grafiken beginnt das Schwule Museum eine Reihe, die homoerotischen Bildwelten am Beispiel von vier Künstlern nachspürt (Mehringdamm 61, bis 4. Oktober, Di-So 4-18, Sa 14-19 Uhr).

Buchwalds Werk huldigt der menschlichen Figur, vorzugsweise der männlichen. Sportlerszenen überwiegen: Aus den frühen Fünfzigerjahren stammen „Fußballspieler“ im Nahkampf oder zwei „Junge Radfahrer“, kubistische Ölbilder von intensiver Farbigkeit. Vor allem ist er aber ein hervorragender Grafiker. Von seinem Chef am Landesmuseum Hannover wird er ab 1958 zur Arbeit an Linolschnitten angeregt. Als im Museum der Linoleumboden herausgerissen wird, steht ihm Rohmaterial in Hülle und Fülle zur Verfügung. Die Blätter der frühen Sechziger faszinieren durch ihren Liniendschungel. Auf den riesigen Grafiken der Siebziger- bis Neunzigerjahre lichten sich die Strukturen – und auch das schwule Selbstbekenntnis tritt deutlicher zutage. Der Linolschnitt „Massageraum“ (1972) flimmert vor Erotik, gleichzeitig sorgt ein Mischwesen aus Tier und Mensch für einen bedrohlichen Einschlag. Lust und Angst prägen das Werk von Hans-Ulrich Buchwald.

Jens Hinrichsen

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