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Bandleader und Scharfschütze. Frontmann H. P. Baxxter in der O2 World.

© Iimago/Future Image

Scooter in Berlin: Döp! Döp! Döp!

Maria, er mag es laut: Scooter feiern mit Pyrotechnik in der O2 World ihr Jubiläum. Seit 20 Jahren gibt es die Band nun.

Es ist nun auch schon wieder zehn Jahre her, aber kein Witz: Scooter-Frontmann H. P. Baxxter, der eigentlich Hans Peter Geerdes heißt, las damals für eine Hörbuchreihe Erzählungen von Thomas Bernhard ein. Damit emanzipierte er sich auf einen Schlag vom eher belächelten Dancefloor-Act zum – nun ja, eher belächelten Dancefloor-Act, über den man sich aber plötzlich einiges zuraunte, etwa, dass man ihn intellektuell keinesfalls unterschätzen dürfe. Auf einer Party sein Scooter-Fantum zu postulieren, ist seitdem völlig in Ordnung. Würde man dagegen den musikalisch durchaus ähnlich aufgestellten David Guetta verteidigen, alle Anwesenden verließen vermutlich empört den Raum und brächen jeden Kontakt ab.

In der O2 World kommt Scooter vom Himmel. Eine geschmeidig laufende Aufzug-Konstruktion lässt ihn und die beiden anderen Musiker – sie heißen Rick J. Jordan und Michael Simon, was keine große Rolle spielt, da sie völlig austauschbar sind – ins Hallenrund herabfahren, mitten auf die Bühne. Ein paar Ausfallschritte, ein paar Computerworte zum Anlass der Tour, dann geht’s los. „One (Always Hardcore)“ eröffnet den Abend, ein Song, der davon handelt, dass Scooter ein Scharfschütze ist, der auf dem Dach sitzt und außerdem „too hot“ sei.

Der Song gehört zu den inhaltsreicheren Stücken des Abends. Im weiteren Verlauf postuliert der weißblonde Hüne entweder überhaupt nichts oder verschiedene Bewegungsaufforderungen, was aber völlig in Ordnung ist. Es geht hier nicht um Botschaften, sondern um deren Hinterfragung. „The Question Is What Is The Question?“ und „How Much Is The Fish?“ lauten zwei der größten Hits der 1993 gegründeten Hamburger Band.

Das Publikum fragt lautstark mit, während auf der Bühne allerhand passiert. Zum Beispiel wird dort vorgetanzt, sowohl von einigen Damen, die häufig ihre recht knappen Kostüme wechseln, als auch von zwei Knaben, die den sogenannten „Jumpstyle“ aufführen. Der Tanz sieht so aus, als versuche jemand, gleichzeitig ein Feuer auszutreten und einen Bienenschwarm zu vertreiben. Das Feuer brennt indes weiter vorne, direkt am Bühnenrand. Es handelt sich um Pyrotechnik, ein Muss für Musiker. Ohne anständige Explosionen wird man als Stadien füllender Künstler vermutlich nicht mehr ernst genommen.

Knappe zwei Stunden dauert das Konzert, Atempausen gönnen Scooter dem Publikum dabei kaum. Ein paar der üblichen Zuruf-Spielchen. Ein höfliches „Berlin, ihr seid der Wahnsinn“. Ansonsten 90er-Jahre-Dancefloor, Trance und Schlumpftechno nonstop. Ab und zu fliegt dem Publikum eine verfremdete Pop-Hookline um die Ohren, etwa von Supertramps „The Logical Song“, die Scooter als Refrain für ihren Song „Ramp!“ verwenden. Das Publikum schwenkt dazu die Arme von links nach rechts.

Am Ende folgt der vielleicht beste Moment des Abends: Der Text von „Maria (I Like It Loud)“ wird in Großbuchstaben auf den Bühnenhintergrund geworfen, damit jeder mitsingen kann, was natürlich ein Witz ist. Der Text dieses Songs – Fußballfans kennen ihn – lautet: „Döp! Döp! Döp!" Fünf Minuten lang fliegen einem die „Döps“ um Augen und Ohren, die Halle tobt, ein bisschen Pyrotechnik wird auch noch gezündet. Im Zugabenblock bedient Baxxter sogar eine E-Gitarre mit integriertem Feuerwerk. Das ist natürlich ziemlich albern. Aber einem Mann, der Thomas Bernhard liest, sieht man das nach. Jochen Overbeck

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