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Kultur: Seele haben sie ja, diese Russen

KLASSIK II

Einen Transrapid zwischen Moskau, Warschau und Berlin forderte Klaus Wowereit, und sein Moskauer Kollege Luschkow stimmte freudig zu. Jugend und Begegnung, Austausch und Zukunft waren die häufigsten Begriffe in den Begrüßungsreden zur Eröffnung der „ Moskauer Tage in Berlin “ im Konzerthaus . Die Musik dagegen setzte ganz auf Tradition, schickte Peter Tschaikowsky als „besten musikalischen Botschafter seines Landes“ ins Rennen. Und auch das Staatliche Akademische Symphonie-Orchester Moskau, Klangkörper des legendären Konservatoriums, ist ein prächtiges Vorzeigeobjekt, Experte in „russischer Seele“. Im „Krönungsmarsch D-Dur“, verfasst für Zar Alexander II., treibt Pawel Kogan sein Orchester zu schmetternder Blechbläser- und Paukenwirbel-Brillanz an, nicht ohne den Streichern elegische Untertöne zu entlocken.

Dafür entfaltet Wiktor Tretjakow als Solist des Violinkonzerts die intimen Seiten dieser Musik und verleiht den Hauptthemen eine sanfte Melancholie. Dass der einstige Gewinner des Tschaikowsky-Wettbewerbs auch über strahlende Silbertöne verfügt, zeigt sich in der von weiten Sprüngen durchzogenen Kadenz, im wirbelnden Laufwerk des Finales. Rhythmisch geschärfte Leichtigkeit vertreibt auch aus der Sinfonie Nr. 5 jede Sentimentalität, ermöglicht schwärmerische Melodiebögen und grandiose Ausbrüche, nach denen geheimnisvolle Pizzikati umso effektvoller sind. Im filigranen Walzer treibt das rasche Tempo die Bläser schon an die Grenzen rhythmischer Präzision, und so überzogen vorbeirasend bleibt auch das Finale äußerlicher al-fresco-Lärm, ohne die Tiefe eines transparenten Stimmengeflechts.

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