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Kultur: Seltene Wucht Australian Youth Orchestra im Konzerthaus

Wie im Brennglas lassen sich bei Young Euro Classic die Qualitäten der einzelnen Klangkörper studieren. Beim Australian Youth Orchestra ist dies eine rhythmische Präzision ohnegleichen.

Wie im Brennglas lassen sich bei Young Euro Classic die Qualitäten der einzelnen Klangkörper studieren. Beim Australian Youth Orchestra ist dies eine rhythmische Präzision ohnegleichen. Nicht aus rationalem oder gar pedantischem Kalkül heraus, sondern mit brennender Leidenschaft gepaart. Diesen Drive des AYO reizt der Dirigent Christoph Eschenbach umfassend aus. Er unterstreicht die melodischen Bögen mit großen Bewegungen, setzt peitschenähnlich die Akzente. Und bei der Zugabe, der knackig gebotenen Polonaise aus Tschaikowskys „Eugen Onegin“, hüpft „Eschi“, wie ihn die abkürzungsfreudigen Australier liebevoll nennen, mit dem ganzen Orchester zum Schlussmotiv in die Höhe. Doch das ist keine Show, es unterstreicht den Humor der Musik, holt sie aus der Schmollecke des Biederen und Abgehobenen heraus. Es ist auch kein Widerspruch zu vielfachen Differenzierungen, Nuancen des Spannungsvoll-Leisen, die der Dirigent immer wieder aus den jungen Musikern herausholt.

Mit „Earth Cry“ von Peter Schulthorpe (geb. 1929) zeigen sie zu Beginn nationale Flagge, verkörpert durch das von William Barton virtuos gehandhabte Didgeridoo. Das große Blasinstrument ächzt und stöhnt, beschwört in seinem Obertonreichtum so manchen Naturlaut, vereint sich mit wildem Trommeln. Seine rhythmische Vitalität und ein gewisses „tierhaftes“ Aufbäumen des Soloinstruments verbinden das Stück mit Strawinskys „Sacre du Printemps“. Das 100-jährige Skandalstück erklingt mit einer selten gehörten Wucht, in gnadenloser rhythmischer Schärfe, vor der sich die Farben von Fagott und Klarinette, von beweglicher Trompete als bukolisches „Frühlingserwachen“ entfalten. Zwischen diesen Natur-Eruptionen steht Tschaikowskys Violinkonzert als kleines Wunder an poetischer Sensibilität. Ungemein flexibel folgt das Orchester dem Solisten Joshua Bell, der inmitten feingliedrigster Virtuosität Inseln betörender Gesanglichkeit schafft und mit klugen Temponuancen spontane Wirkungen erzielt. Endloser Jubel. Isabel Herzfeld

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