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Sensationsausstellung in Berlin: Gemäldegalerie zeigt Werke des Bode-Museums

18 Skulpturen aus dem Bode-Museum sind zu Gast in der Berliner Gemäldegalerie. Ein spektakulärer Probelauf für das Museum der Zukunft?

An großen Ausstellungen mangelt es Berlin gegenwärtig kaum. Innerhalb von nur einer Woche wurden Ai Weiwei im Gropius-Bau, Andreas Schlüter im Bode-Museum und Marsden Hartley in der Neuen Nationalgalerie eröffnet. Eher unauffällig schiebt sich eine kleine „Sonderpräsentation“ in der Gemäldegalerie dazwischen. Offiziell angekündigt wird sie gar nicht erst, dabei hat sie das Zeug zur Sensation. Bis September präsentiert die Gemäldegalerie 18 der schönsten Skulpturen aus dem Bode-Museum am Kulturforum. Aufgrund der Schlüter-Ausstellung musste die gesamte obere Etage auf der Museumsinsel geräumt werden.

Statt Tilman Riemenschneider, Conrad Meit und Jean-Antoine Houdain ins Depot zu verbannen, haben sie nun ihren Auftritt zusammen mit Gemälden der Zeit. Herausgekommen ist eine Begegnung, die nicht nur kunsthistorisch aufschlussreich ist, sondern kulturpolitisch belebend wirken könnte, würde man ihr mehr Aufmerksamkeit schenken. Ohne Flyer, Fahnen, Werbemittel hält sie sich jedoch so subtil zurück wie das feine Lächeln jener beiden Brabanter Damen aus dem frühen 16. Jahrhundert, die aus einer Grablegung stammen. Deren hübsch geneigte Gesichter, die tänzelnde Bewegung der Gewänder finden ihren Widerhall in Goswijn van der Weydens gemalter Madonna mit Kind, neben der sie nun stehen dürfen. Bildhauer und Maler hatten offensichtlich Goswijns Großvater Rogier van der Weyden im Sinn, vielleicht sogar Hugo van der Goes’ Monforte-Altar, der im gleichen Saal hängt. Die Blicke wandern hin und her zwischen beiden Medien, die sich perfekt ergänzen.

Gemälde und Skulpturen - war da nicht mal was?

Das verwundert kaum. Schließlich waren Skulptur und Malerei in Spätmittelalter und Renaissance immer schon miteinander kombiniert. Nun kommt auch in unserer Gegenwart zusammen, was eigentlich zusammengehört. Gemäldegalerie und Skulpturensammlung, Alte Meister und Museumsinsel – war da nicht was? Bis Herbst vergangenen Jahres warfen sich Bernd W. Lindemann, Direktor der Gemäldegalerie, und Julien Chapuis, Leiter der Skulpturensammlung, noch in die Schlacht, um beide Abteilungen miteinander zu fusionieren. Schließlich bestand darin ein Hauptargument für den Neubau der Gemäldegalerie an der Museumsinsel. Glanzbroschüren wurden zur Argumentation gegen die Umzugsgegner publiziert, internationale Kolloquien einberufen, um sich in dem Meilenschritt bestärken zu lassen. Mit dem Ende August herausgebrachten Gutachten des Bundesbauministeriums, das nur noch drei Neubau-Varianten für die Neue Nationalgalerie prüfte, war die glorreiche Zukunft der Gemäldegalerie in Berlins Mitte offensichtlich abgehakt.

Die kleine, feine Schau „Ausgewählte Skulpturen zu Gast in der Gemäldegalerie am Kulturforum“ wirkt nun wie die nachgereichte Anschauung eines verlorenen Traums. Besonders Kulturstaatsministerin Monika Grütters dürfte das schmerzen, engagiert sie sich doch weiterhin für den Umzug der Gemäldegalerie. Doch bei der Vorstellung ihres wohl ambitioniertesten Projektes im Bundeskulturausschuss holte sie sich erst zuletzt eine kalte Dusche: Sowohl Opposition als auch Abgeordnete des Koalitionspartners SPD äußerten sich skeptisch, allein was den mit 130 Millionen Euro veranschlagten Neubau für die Nationalgalerie betrifft. Den 375 Millionen Euro teuren Neubau für die Gemäldegalerie an der Museumsinsel will Grütters trotzdem nicht fallen lassen. Wie recht sie damit hat, ist nun am Kulturforum zu sehen.

Alles wieder auseinanderzureißen, tut jetzt schon weh.

Christus im Elend. Hans Leinbergers Skulptur (um 1525) ist zu Gast in der Gemäldegalerie – neben Hans Baldung Griens Dreikönigsaltar (um 1506/07). Im Herbst kehrt das Werk wieder ins Bode-Museum zurück.
Christus im Elend. Hans Leinbergers Skulptur (um 1525) ist zu Gast in der Gemäldegalerie – neben Hans Baldung Griens Dreikönigsaltar (um 1506/07). Im Herbst kehrt das Werk wieder ins Bode-Museum zurück.

© Thilo Rückeis

Die Verbindung einer steinernen Madonna und eines Heiligen Stefanus mit der Skulpturenmalerei auf den äußeren Altarflügeln von Simon Marmion aus dem Jahr 1459 spricht Bände. Während Marmion mit dem Pinsel Skulpturen meisterlich kopierte, ja sogar die Grobheit der Steinbearbeitung imitierte, erscheint die reale Skulptur zunehmend filigran, beinahe malerisch. Zu den schönsten Allianzen aber gehört die Zusammenführung von Conrat Meit und Jan Gossaert, die beide als Hofkünstler bei Margarethe von Österreich in Mechelen arbeiteten und sich gegenseitig beeinflussten. Blick, Kleidung, Pose von Philibert le Beau, den Conrat Meit 1523/24 zierlich in Buchsbaum porträtierte, findet sich genauso bei Gossaerts Bildnis eines Edelmannes von etwa 1530 wieder. Hinzu gesellt sich Joos van Cleves Bildnis eines jungen Mannes.

Die Skulpturen kehren im Herbst auf die Museumsinsel zurück

Alle drei wieder auseinanderzureißen, tut jetzt schon weh. Doch daran lässt Gemäldegaleriedirektor Lindemann keinen Zweifel. Die Skulpturen kehren im Herbst auf die Museumsinsel zurück, denn dort würden die Touristen sie ansonsten vermissen, gibt er zu bedenken.

Von wegen Probelauf für ein Museum der Zukunft, neuer Profilierung, um die am Kulturforum abgeschlagene Gemäldegalerie attraktiver zu gestalten. In den Gemäuern denkt man offensichtlich nur in Jahrhundertschritten, mit dem verlorenen Kampf um den neuen Standort in Mitte sind alle Energien aufgebraucht. Dabei hatte Nachbar Udo Kittelmann es in der Neuen Nationalgalerie doch frech vorgemacht: Die besten Werke dem Publikum so lange entziehen, bis es wehtut, dann kommt auch das neue Haus.

Gemäldegalerie, Kulturforum, Di / Mi / Fr 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr, Sa / So 11- 18 Uhr.

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