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Kultur: Seriös im Salon

Nachdem die omnipräsente Debatte um den "armen B.B.

Nachdem die omnipräsente Debatte um den "armen B.B." sich in der "Brechtstange" und dem "Brechtreiz" längst mindestens bis zum "Erbrechten" erschöpft hatte, scheinen nun auch "die Mühen der Gebirge" (endlich) hinter uns zu liegen: "Brecht meets Classic" heißt jetzt ein Beitrag des Schauspielers Hartmut Becker - bekannt ist er durch seine Arbeit unter anderem an den Münchner Kammerspielen und dem Berliner Schiller- sowie Renaissance-Theater - und der Pianistin Evelyn Ulex zum reichlich strapazierten Jubiläum.

Das Duo probt - jenseits populärer "sex for text"-Diskurse und falsch verstandener Verfremdungsbemühungen - im Gotischen Saal der Zitadelle Spandau beileibe nicht den Aufstand.Es geht ihm vielmehr um den "versöhnlichen Versuch einer Verständigung zwischen Musik und Wort".Der Dialog zwischen Brechts Balladen, Songs und (vor allem) Liebesgedichten und Klavierstücken Rachmaninows, Mozarts, Alban Bergs oder Skrjabins will zudem nicht mehr und nicht weniger sein als eine "Ode an die Zuschauer"; folglich hat man sich diesen Abend ganz in der Tradition seriöser Salon-Unterhaltung vorzustellen.

Sprich: Die Pianistin und der Schauspieler verhandeln "Liebe, Sex und andere Kleinigkeiten" nicht mit dem kleinkunsttypischen Zwischengeplänkel, sondern wandeln in konsequent minimalistischer Spur: Wenn Brechts Gedicht "Erinnerung an die Marie A." auf die Klänge Franz S.Bruiniers trifft, begegnet dem Schauspieler bestenfalls ein wissender Pianistinnenblick; beim bewährten Song von der "sexuellen Hörigkeit" ein weiblich überlegenes Lächeln.Aus dieser intendierten Gleichberechtigung, aus der bewußten Autonomie sowohl der Texte als auch der Musik, die anfänglich etwas steif und gewöhnungsbedürftig daherkommt (zumal des Jubilars verbale Schöpfungen den Piano-Klängen stellenweise akustisch unterliegen), wird tatsächlich zunehmend eine "Verständigung".Denn Becker und Ulex sind angesichts dessen, "auf den ihr nicht bauen" könnt, nicht dem Zwang anheimgefallen, platte Übergänge zwischen ihren Programmnummern zu inszenieren: So geschieht es, daß der Schauspieler aus der Schmissigkeit der unvermeidlichen (und trotzdem immer wieder schönen) "Dreigroschenoper"-Songs umgehend vor allem in elegische Momente fällt.

So gesehen, erklingt die Stimme "Vom armen B.B." in diesem Programm, das - nach Gastspielen unter anderem in der New Yorker Performing Garage und in Los Angeles - im Oktober und November noch einmal im Brecht-Weigel-Haus in Buckow zu sehen sein wird, recht ungebrochen.

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