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Kultur: Sexus

Am 11. September wäre er 100 Jahre alt geworden. Bis dahin zitieren wir täglich Theodor W. Adorno

Hob Freud bei seinem Versuch, das spezifisch Sexuelle zu beschreiben, das Moment des Unanständigen – und das will sagen, des gesellschaftlich Anstößigen – hervor, so ist dies Moment einerseits geschwunden, andererseits erst recht perhorresziert. Das verrät nicht viel weniger als eine Desexualisierung des Sexus selbst.

Die eingefangene oder mit schmunzelnder Nachsicht zugelassene Lust ist keine mehr; Psychoanalytiker hätten es nicht schwer nachzuweisen, dass in dem gesamten, monopolistisch kontrollierten und standardisierten Sexualbetrieb, mit den Schnittmustern der Filmstars, Vor und Ersatzlust die Lust überflügelt haben. Die Neutralisierung des Sexus, die man am Verschwinden der großen Passion beschrieben hat, verfärbt ihn noch dort, wo er sich ungescheut zu befriedigen wähnt.

Aus: Sexualtabus und Recht heute. 1963. In: Theodor W. Adorno, Gesammelte Schriften. Herausgegeben von Rolf Tiedemann unter Mitwirkung von Gretel Adorno, Susan Buck-Morss und Klaus Schultz. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1997. Band 10.2, Kulturkritik und Gesellschaft II

WAS ADORNO SAGT (14)

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