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Kultur: Showdown in Oslo

Im Kino: "Wenn der Postmann gar nicht klingelt"VON CARLA RHODEJunkies und Penner an jeder Straßenecke, Abfall in Hauseingängen und Treppenaufgängen, kein Wunder, daß dem Briefträger Roy (Robert Skjaerstad) bei diesem täglichen deprimierenden Anblick das Berufsethos abhanden gekommen ist.Lieber liest er die Post selbst als sie in versiffte Briefkästen zu stecken, anschließend läßt er sie in einer Bodenvertiefung in einem Eisenbahntunnel verschwinden.

Im Kino: "Wenn der Postmann gar nicht klingelt"VON CARLA RHODEJunkies und Penner an jeder Straßenecke, Abfall in Hauseingängen und Treppenaufgängen, kein Wunder, daß dem Briefträger Roy (Robert Skjaerstad) bei diesem täglichen deprimierenden Anblick das Berufsethos abhanden gekommen ist.Lieber liest er die Post selbst als sie in versiffte Briefkästen zu stecken, anschließend läßt er sie in einer Bodenvertiefung in einem Eisenbahntunnel verschwinden.Ohnehin ist ihm die Tasche zu schwer, die Füße tun ihm weh. Das könnte der Anfang für eine sozialkritische Studie über den miesen Job eines Briefträgers in einer trostlosen Gegend des sonst so properen Oslo sein oder, was wir uns natürlich eher wünschen, die lakonische Inszenierung einer Alltagsgeschichte im Stil der finnischen Regisseure Aki und Mika Kaurismäki.Nichts dergeichen, obwohl letzteres vielleicht intendiert war.Der Norweger Pal Sletaune schlägt in seinem Debütfilm einen Haken in eine ganz andere Richtung und läßt den Kümmerling Roy, der ebenso zu den Underdogs zählt wie die Kunden in seinem Zustellungsbezirk, auf die Spur eines Verbrechens geraten oder vielmehr auf die derjenigen, die es begangen haben. Das sind die hörbehinderte Line (Andrine Saether), eine blasse, etwas mickrig und verhuscht wirkende junge Frau, die sich als reuige Räuberin erweist, und ihr allerdings weniger einsichtiger Partner Georg (Per Egil Aske).Hat man sich erst einmal damit abgefunden, in einen, dem originellen Anfang zum Trotz, ziemlich gewöhnlichen Krimi geraten zu sein, das Drehbuch (ebenfalls Pal Sletaune, zusammen mit Jonny Halberg) jedenfalls ist eine recht verkrampfte Konstruktion, kann man die ironisch-groteske Inszenierung sogar sympathisch finden und auch Anteil nehmen an dem sich nun zuspitzenden Geschick des Briefträgers von der traurigen Gestalt.An die plumpen Schikanen seiner Kollegen und an die Nachstellungen einer dümmlichen Blondine hatte er sich gewöhnt.Nun bekommt er es aber mit einem rachsüchtigen Brutalo und seinem Gefolge zu tun, das verändert sein Leben stärker als er es verkraften kann. Showdown in einer der schäbigsten Gegenden Oslos.Gut, daß es nicht knallig ausfällt, sondern so still und verhalten wie es zu dem Vorangegangenen paßt.Es ist dunkel, es regnet, auf den Straßen liegt Müll, trotzdem bahnt sich so etwas wie ein Happy End an.Oder auch nicht. Balasz, Cult fiction, fsk, Kant, Brotfabrik, Moviemento

CARLA RHODE

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