zum Hauptinhalt

Kultur: Sing mir das Lied von den Hüften, Konkubine

Han Xizai ist ein gelehrter und feinsinniger Beamter, der zum Premierminister des glücklosen Kaisers Li Yu ernannt werden soll. Um nicht mit einem Regime in Verbindung gebracht zu werden, dessen Untergang er voraussieht, diskreditiert sich Han, indem er ausschweifende Feste veranstaltet.

Han Xizai ist ein gelehrter und feinsinniger Beamter, der zum Premierminister des glücklosen Kaisers Li Yu ernannt werden soll. Um nicht mit einem Regime in Verbindung gebracht zu werden, dessen Untergang er voraussieht, diskreditiert sich Han, indem er ausschweifende Feste veranstaltet. Der Kaiser schickt darauf seine Hofmaler zu Han, um den Beamten auszuspionieren. Die Maler liefern ihren Bericht in Form eines Gemäldes ab. Es wird die Zeiten überdauern und Han unsterblich machen. Der Kaiser wird von seinen Feinden festgenommen.

Ein starker Entwurf mit gebrochenen Charakteren. Der Regisseur Chen Shi-Zheng setzte in seiner Inszenierung von Guo Wenjings neuer Oper "Ye Yan" ("Das Nachtbankett"), die jetzt im Berliner Hebbel-Theater gezeigt wurde, ganz auf die Metapher, statt eine stimmige Übersetzung auf die heutigen chinesischen Zustände anzubieten. Erstaunlich, wie er dabei die zeitlichen Ebenen aus dem Geiste der traditionellen chinesischen Oper verbindet. Gegenüber der Bildmacht des Films wirken ausschweifende Feste auf der Opernbühne fast immer peinlich. Nicht bei Chen Shi-Zheng. Han provoziert nicht in erster Linie durch Sex, sondern durch seine Kulturlosigkeit: Das bunte, neureich-kapitalistische Ambiente, mit dem sich Han umgibt, wirkt gerade deshalb so unerträglich, weil es, wie im modernen China immer mehr üblich - traditionelle chinesische Symbole verkitschend aufgreift. Die Freudenmädchen fahren mit bunten Go-carts in Pandaform durch die Halle. Doch der Zauber ihrer Erotik ist echt. Und deswegen tanzt die erste Konkubine (You Hongfei) gerade nicht. Sondern sie singt davon, wie sich ihre Hüften wiegen: Ein musikalisches Bild, das bei diesem silberhellen, warmen Sopran und bei der ausdrucksvollen Schönheit der stummen Stellungen der Zuhörenden intensiver ist als aller Aktionismus.

Erstaunlich, wie Guo Wenjings Musik den uralten Kunju-Opernstil mit atonal gefärbter, "geschichtslos" westlicher Klanglichkeit verbindet. Seine Mischung von Singen und gehobenem Sprechen erscheint unserem neuen Musiktheater dabei geistig näher als der Belcanto.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false