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So kann’s gehen: Darf man ums Mitnehmen bitten?

Am Ende einer schönen Hochzeitsfeier wollte ein Ehepaar, das mit der Bahn gekommen war, von einem anderen Paar, das mit dem Auto unterwegs war, gern zum Bahnhof gebracht werden. Die Autofahrer hatten etwa neun Stunden Fahrt vor sich, wollten um 11 Uhr aufbrechen.

Am Ende einer schönen Hochzeitsfeier wollte ein Ehepaar, das mit der Bahn gekommen war, von einem anderen Paar, das mit dem Auto unterwegs war, gern zum Bahnhof gebracht werden. Die Autofahrer hatten etwa neun Stunden Fahrt vor sich, wollten um 11 Uhr aufbrechen. Die Bahnfahrer baten, den Aufbruch um eine halbe Stunde zu verschieben, weil sie nicht zu früh am Bahnhof sein wollten. War das unverschämt?

Das Empfinden dafür, was unverschämt ist und was nicht, ist leider sehr unterschiedlich ausgeprägt. Manche Menschen trauen sich kaum, um einen eigentlich selbstverständlichen Gefallen zu bitten, andere ergreifen den ganzen Arm, wo sie den kleinen Finger nur erahnen. Nach einem schönen Fest fühlt man sich den anderen Gästen gegenüber besonders vertraut. In solchen Situationen gerät man leicht in Versuchung, Schwellen zu überschreiten. Wenn das Ehepaar wusste, dass die anderen eine so weite Fahrt vor sich haben, hätte es die Bitte mindestens in Frageform äußern müssen. Eine anstrengende Reise wegen einer vermutlich kurzen Fahrt zum Bahnhof zu verzögern, ist ja keine kleine Sache. Statt eine solche Frage unverschämt zu finden, könnten andere Gäste, die Zeugen einer solchen Bitte werden, anbieten, die Fahrt zum Bahnhof zu übernehmen.

Wenn dieser sowieso auf dem Weg liegt, mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer und mit dem Taxi nur sehr kostspielig zu erreichen ist, dann mag die Bitte um eine Mitfahrgelegenheit naheliegend erscheinen. Aber man sollte es wirklich den Autofahrern überlassen, ob sie sich nach dem Fahrplan der Bahn richten oder lieber bei ihrem eigenen Zeitplan bleiben wollen. „Unser Zug fährt um 13 Uhr, den erreichen wir ja lässig, wenn ihr sowieso um 11 Uhr aufbrechen wollt“, das wäre nach meinem Gefühl eine zulässige Formulierung. Was darüber hinausgeht, schrammt schon ein bisschen an der Unverschämtheit lang.

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