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So kann’s gehen: Muss ich gute Wünsche erwidern?

Immer wieder sonntagsfragen SieElisabeth Binder

Niemand bekommt wohl so viele gute Wünsche wie Kassiererinnen in Supermärkten, deren Abschiedsforeln automatisch erwidert werden. Dass sie jedem, der es entgegennehmen will oder auch nicht, einen schönen Tag, Abend oder einen schönen Rest des Lebens wünschen, ist eine Mode, die aus den USA zu uns herüber geschwappt ist. Zu meinen persönlichen Lieblingsvarianten gehören die Adventssonntage, wenn es heißt: Einen schönen ersten, zweiten, dritten oder vierten Advent, weil das so spezifisch ist und das Wünschen auf denkbar deutsche Art zu einer ernsthaften Angelegenheit macht. Die Gründlichkeit überdeckt dann endgültig die unergründliche Wirkung wahrhaft gut gemeinter Wünsche.

Natürlich kann die Wiederholung der immer selben Floskeln nerven. Aber versetzen Sie sich doch mal in die Lage der armen Frauen, die per Anweisung immer und immer wieder den gleichen Satz wiederholen müssen, stundenlang, alle paar Minuten, egal, wie grummelig die Kunden sind. Das ist auch nicht schön. Die Frauen verdienen also gute Wünsche, und die sollten Sie ihnen nicht vorenthalten.

Nicht alles, was man sagt, muss aus tiefstem Herzen kommen. Manchmal muss man sich damit begnügen, einfach nur Höflichkeitsfloskeln auszutauschen. Die Supermarktbesitzer haben das ja nicht erfunden, um zu nerven, sondern wollten vermutlich das Einkaufsklima freundlicher gestalten. Es war so lange üblich, über das schnoddrige Berlin zu stöhnen, dass man über Fortschritte auch mal froh sein kann, selbst wenn sie auf Anhieb eher hohl wirken.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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