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So kann’s gehen: Soll ich den Muttertag ignorieren?

Immer wieder sonntagsfragen SieElisabeth Binder

Spezielle Tage nerven mich. Muttertag halte ich für eine Erfindung der Blumenhändler. Außerdem nervt mich meine Mutter immer wieder mit überflüssigen Ermahnungen. Wäre es nicht ehrlicher, das einfach zu ignorieren?

Natürlich kann man sich auf den Standpunkt stellen, kommerziell ausgebeutete Feste zu ignorieren, um nicht falsche Interessen zu unterstützen. Man muss sich schließlich nicht verrückt machen oder gar instrumentalisieren lassen. Aber es geht halt nicht immer nur um die eigenen Gefühle. Kinder argumentieren gern mit dem Argument, dass alle anderen immer die tollen Computerspiele kriegen, nur sie selber nicht. Das stimmt natürlich nicht immer. Was aber stimmt, ist die Tatsache, dass die meisten Mütter am Muttertag Blumen oder andere Geschenke bekommen. Geht eine leer aus, wird ihr der Vergleich zu schaffen machen. Was hat sie getan, dass ihre Kinder nichts schenken, wo die anderen Kinder ihre Zuneigung in oftmals opulenten Gaben dokumentieren? Egal, wie vernünftig Ihre Mutter ist, ein bisschen traurig wird sie sein, wenn sie ganz leer ausgeht. Deshalb sollte man in solchen Fällen auf fortgeschrittene Tugendhaftigkeit verzichten und es einfach so machen, wie es alle halten. Sie müssen ja keine Blumen schenken. Vielleicht fällt Ihnen ein Buch ein, das Ihre Mutter dringend lesen sollte oder ein Konzert, für das Sie ihr gut eine Karte schenken könnten. Irgendetwas Sinnvolles, was Ihren Ansprüchen gerecht wird, sollte sich finden lassen. Im Alltag kommen kleine Gesten von Wertschätzung oft viel zu kurz, weil sie einem peinlich sind oder weil man zu gestresst ist, um drauf zu kommen, dass man nahe stehenden Menschen eine Freude machen könnte, bevor es zu spät ist. Insofern sollte man jede Gelegenheit nutzen, Versäumnisse nachzuholen. Muttertag ist nicht nur für die Blumenindustrie eine Chance.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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