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Kultur: Solche Tage lieben wir

1000 Fotos für Berlin: Helmut Newton besiegelt seine Stiftung

Es war ein feierlicher Moment, als Helmut Newton gestern Nachmittag den Vertrag unterzeichnete, mit dem er die Übergabe seiner berühmten Fotosammlung an seine Heimatstadt Berlin besiegelte. Dann sagte er „Jetzt sind die ganzen Moneten weg“, und der Saal lachte. Die Unterschrift markierte das glückliche Ende der jahrelangen Bemühungen, die Bilder des 83-jährigen Fotografen in die Stadt zu holen, aus der er einst vor den Nationalsozialisten geflohen war. Schon vom Sommer 2004 an soll die Sammlung in der ehemaligen Kunstbibliothek an der Jebenstraße, direkt neben dem Bahnhof Zoo, zu sehen sein. Rund tausend Werke von Helmut Newton und seiner Frau June kommen als unbefristete Dauerleihgabe nach Berlin. Außerdem übernimmt Newton die Kosten für den Umbau des Hauses und finanziert einen Kurator, der Ausstellungen vorbereiten und die Sammlung dokumentieren soll. Das Gebäude, das 1909 als Kasino für das Offizierkorps der Landwehr errichtet worden war, wird der Stiftung vom Land Berlin zum symbolischen Preis von einem Euro zur Verfügung gestellt.

„Solche Tage lieben wir“, sagte Klaus-Dieter Lehmann, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, bei der Zeremonie, die in der Villa von der Heydt, dem Sitz der Stiftung, stattfand. „Es gibt keine einfachen Lösungen mehr, es gibt nur noch komplizierte Lösungen, aber es gibt Lösungen.“ Erste Gespräche mit Newton über seine Sammlung hatte bereits Lehmanns Vorgänger Wolf-Dieter Dube 1998 geführt. Damals scheiterten die Verhandlungen an der mangelnden Finanzierung. Für den Durchbruch sorgten diesmal Bundeskultur-Staatsministerin Christina Weiss, die außerdem Vorsitzende des Stiftungsrates ist, und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. Neben der „Helmut Newton Foundation“ soll das kaiserliche Kasinogebäude in der Jebenstraße 2 auch ein „Zentrum für Fotografie“ aufnehmen, über dessen Gründung in Berlin ebenfalls schon seit Jahren diskutiert wird. „Newton gibt uns die große Chance, die fotografischen Aktivitäten der Stiftung an einem Ort zu konzentrieren.“ Die in der Stiftung zusammengeschlossenen Museen verfügen über einen Bestand von rund zehn Millionen Abzügen und Negativen, die bislang in der ganzen Stadt verstreut sind. „Diesen Schatz zu heben, wird eine Aufgabe des Zentrums sein“, sagte Christina Weiss.

Die Staatsministerin überreichte Newton einen Brief von Bundeskanzler Schröder. „Man kann einen Menschen aus seiner Heimat verjagen, aber man kann keinem Menschen diese Heimat aus seiner Seele reißen“, schreibt Schröder. „Ihre Geste ehrt dieses Land. Sie ist ein Zeichen der Versöhnung.“ „Berlin freut sich auf die Sammlung“, sagte Wowereit. „Die Kulturstadt Berlin kann heute stolz sein.“

Warum er sich für Berlin als Standort seiner Sammlung entschieden habe, wollte eine Reporterin bei der anschließenden Pressekonferenz von Newton wissen. „Weil es meine Heimatstadt ist. Deutschland hat mir nie gefehlt, aber Berlin sehr“, antwortete der Fotograf. In Berlin wurde er 1920 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren, hier lernte er bei der Modefotografin Yva sein Handwerk. 1938 emigrierte er vom Bahnhof Zoo aus in Richtung Singapur. Heute lebt er mit seiner Frau, die als Fotografin unter dem Künstlernamen Alice Springs arbeitet, in Monte Carlo. Weil sie demnächst häufig in Berlin sein werden, wollen sie ein Apartment mieten. Angebote, die Sammlung aufzunehmen, hatte es auch aus New York und Paris gegeben. Den Ausschlag für Berlin gab June Newton, die – verriet der Ehemann – „mich sehr in Richtung Berlin geschubst hat“. Eine Bezeichnung für seine Foundation mag der Fotograf überhaupt nicht: Museum. „Ein Museum ist eine tote Sache“, befand er und versprach, Ausstellungen der „besten jungen Fotografen aus der ganzen Welt“ nach Berlin zu holen. Mit seiner Kleinformatkamera schoss Newton Schnappschüsse von der Pressekonferenz. Seine Negative bleiben vorerst in Monte Carlo. „Wenn wir abgekratzt sind, geht alles nach Berlin“, versicherte er.

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