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Kultur: Sommer im Dezember

Liebermann und Feininger: die Millionenbilder bei der Jubiläumsauktion in der Villa Grisebach

Kurz davor ist die Spannung fast mit den Händen zu greifen. 99 ausgewählte Werke bestücken die Jubiläumsauktion der Berliner Villa Grisebach am gestrigen Abend. Die beiden Säle, in denen geboten wird, sind übervoll und jeder weiß, dass bei einer Auktion dieses Ranges ist einfach alles möglich ist. Gleich das erste Los, eine mit 5000 bis 7000 Euro bewertete Papierarbeit von Eduard Gaertner, steigt auf 22 000 Euro (alle Preise ohne Aufgeld). Schlag auf Schlag geht es weiter: in Zweitausenderschritten wird für Adolph von Menzels Kreidezeichnung geboten bis 32 000 Euro erreicht sind, sein „Brustbild eines älteren Mannes“ erreicht sogar 43 000 Euro. Lesser Urys nächtliche Straßenszene ist einem Sammler 160 000 Euro wert, und dann ist schon Max Liebermanns „Rondell im Heckengarten mit Blumensprengerin“ an der Reihe. Das Licht des 1925 entstandenen Sommerbildes scheint in den Saal hinein zu strahlen, die Bieter überschlagen sich förmlich. Denn hier stimmt alles: ein wunderschönes Liebermann-Motiv, das über viele Jahre als Leihgabe in Schweizer Museen hing. Der Schätzpreis von 400 000 bis 600 000 Euro ist schnell erreicht. Als bei 1,9 Millionen Euro der Hammer für eine Privatsammlung in Süddeutschland fällt, gibt es erlösenden Applaus. So viel ist in Deutschland noch nie für ein Gemälde Liebermanns bezahlt worden. Auch ein anderes am Wannsee entstandenes Gartenbild kann mit 420 000 Euro seine Taxe mehr als verdoppeln.

Es gibt viele Werke, die an diesem Abend die Erwartungen übertreffen: Für August Mackes „Frau mit Guitarre“ (Taxe 180 000 – 240 000 Euro) erhält eine hessische Privatsammlung bei 350 000 Euro den Zuschlag, völlig unerwartet katapultieren zwei konkurrierende Sammler ein auf 20 000 bis 30 000 Euro geschätztes Ölbild von dem 1945 verschollenen expressionistischen Maler Arnold Topp auf 130 000 Euro, russische Bieter steigern per Telefon ein Stillleben von Natalja Sergejewna Gontscharowa von geschätzten 35 000 bis 40 000 Euro auf 115 000 Euro. Beim nächsten Bild steigt wieder die Anspannung im Saal: Lyonel Feiningers prismenartiges Gemälde „Hohe Häuser IV“ (1919) geht mit einem Schätzpreis von 1,2 bis 1,5 Millionen Euro ins Rennen. Bei 1,2 Millionen Euro fällt schon fast der Hammer für eine New Yorker Sammlung, dann steigt ein neuer Bieter ein, doch die New Yorker setzen sich schließlich mit 1,5 Millionen Euro durch – mehr als je in Deutschland für ein Feininger-Gemälde gezahlt wurde. Einen Rekord erzielt auch Karl Hofers „Pastorale“ (1933) mit 510 000 Euro (Taxe 250 000 – 350 000 Euro). Insgesamt werden an diesem Abend in der Villa Grisebach 17 Millionen Euro umgesetzt – das ist wahrhaftig ein Jubiläumsergebnis.

Villa Grisebach, Fasanenstraße 25, Auktion Kunst des 19. & 20. Jahrhunderts: heute 10 Uhr; Third Floor, Schätzwerte bis 3000 Euro: heute 15 Uhr.

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