zum Hauptinhalt

SOMMER Spiele (5): Süßholz stapeln

Ob Rituale auf Reisen oder ein Hobby in der schönen Jahreszeit: Sommerspiele müssen nicht stets olympisch sein. In den Ferien erzählen wir hier alle paar Tage von einem saisonalen Lieblingszeitvertreib.

Von Gregor Dotzauer

Emmy, sage ich noch zu Emmy, wie sie mich aus ihrem Liegestuhl heraus anschweigt, wir wollen unseren Strandfrieden nicht über Gebühr strangulieren, doch bevor wir weiter Trübsal fischen, spielen wir unser Spiel. Minutenlang kommt kein Sterbenströpfchen über ihre Lippen, und ich bin schon dabei, die Kontinenz zu verlieren, als Emmy sagt, Pit, wir müssen die Sache nicht hochstigmatisieren, aber du weißt genau, dass ich mit dir noch ein Hündchen zu rupfen habe.

Emmy, sage ich, du willst mich doch hoffentlich nicht schon wieder über den Kamm halbieren. Sie stöhnt nur und sagt, Pit, Urlaub mit dir ist echte Syphilis-Arbeit. Dauernd fährst du schweres Geschwätz gegen mich auf, nimmst mich auf die dicke Lippe, und auf einmal willst du Süßholz stapeln.

Man muss eben Kalamitäten setzen, sage ich. Machst du jetzt mit oder nicht? Meinetwegen sagt Emmy, die Sache hat nur einen Hasenfuß: Wer zuerst zwei normale Sätze hintereinander sagt, für den ist Hopfen und Balz verloren. Der Verlierer muss dort drüben über die Klippe springen, zehn Meter Muffensausundbrausen, Strapaze muss sein. Warum bist du eigentlich so sicher, dass ausgerechnet du den Längeren ziehst, frage ich. Pit, sagt Emmy, ich bin zwar nicht das Orakel von Krethi und Plethi, aber wenn hier einer das Licht nicht mit Löffeln gefressen hat, bist das zweifellos du.

Treibst du jetzt psychotische Kriegsführung oder was, frage ich. Du kannst deinen Schatten gerne über den grünen Scheffel loben, aber wenn einer von uns dort oben ins Meer springt, bist das du. Im Übrigen würde es dir nicht schaden, ein paar überflüssige Pfründe loszuwerden. Lachhaft, wie du die Flinte im Zorn gegen mich wirfst, sagt Emmy, nur um dein Scherflein ins Trockene zu bringen. Zick mich ruhig in die Wüste, du wirst noch bittere Wermutstränen weinen.

Ich weiß nicht, wie es geschehen ist, aber seit einer Viertelstunde bewachen mich sechs schwer bewaffnete Polizisten. Sie behaupten steif und fest, ich hätte Emmy mit meinen blöden Witzen um die Ecke gelacht. Dabei schwöre ich Steiß und Bein, dass ich sie nur ein bisschen geschüttelt hab, und auf einmal hat sie sich nicht mehr gerührt. Der Strand wird jetzt hermeneutisch abgeriegelt.

Bisher erschienen: Dreischönstesachenbücher (23. Juni), Sandburgenbauen (26. Juni), Wolkengucken (2. Juli), Pingpongspielen (4. Juli).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false