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Winterliche Landschaft mit Bergen und Schnee.

© dpa

Sommernächte (8): Winternächte: Wollen wir reingehen?

Lang ersehnt, erträumt, erdichtet und erinnerungsträchtig: Sommernächte sind die schönste Auszeit des Jahres. In den Ferien erzählen wir an dieser Stelle davon. Diesmal: Winternächte

Zum Beispiel neulich. Da wollte die Hitze nicht weichen und die Mücken flogen ihren Abendangriff, und so saßen wir auf der Neubauterrasse im Mief benachbarter Kugelgrills, und die Frau sagte: „Es ist gut, dass ich immer vergesse, wie schlimm der Sommer ist, sonst könnte ich den Frühling gar nicht genießen.“ Dann badeten wir unsere Hände in Mücken-Ex und gaben uns gegenseitig Ohrfeigen, bis es dann hieß: „Wollen wir reingehen?“ Es war noch sehr schön mit Fußbad im Keller.

Zum Thema „Sommernächte“ fallen mir leider ausschließlich solche Geschichten ein. Na gut, auch ein paar andere, die meist etwas mit diversen Gitarren, einem Gewässer und Sonnenaufgang zu tun haben. Jedoch: Sie sind alle nicht der Rede wert! Von einer warmen, trockenen Nacht, die man mit großartigen Menschen verbringt, kann man erwarten, dass sie gelingt. Sich also niemand übergibt, die Gespräche trunken, aber halbwegs koordiniert vor sich hintreiben und irgendwann fast alle Anwesenden nackt in das Gewässer springen, woraufhin man selbst mit der sympathischsten anwesenden Person alleine zurückbleibt.

Erregende Kontingenz bergen maximal Frühsommernächte, in denen die Wärme noch ungewohnt ist und die Insektenplage fern. Erinnerungen führen etwa nach St. Louis, wo es am Ende einer Mainacht zum Burger-Frühstück mit Bademantel und Flipflops ins legendäre Blueberry Hill ging. Oder auf die Fraueninsel im Chiemsee, wo ... aber das geht wirklich niemanden etwas an.

Von Winternächten und Hula-Tanzgruppen

Gut sind auch Winternächte – auch deshalb, weil man ihnen nichts zutraut. Erinnert werden soll hier nur an jene Weihnachtsfeier des Feuilletons, bei der sich das Kollektiv in einer Kreuzberger Pizzeria mit einer ebenfalls weihnachtsfeiernden Hula-Tanzgruppe verbrüderte. Mit der zogen Teile noch weiter in die nächste Pinte, wo ein als Weihnachtsmann verkleideter Wirtschaftswissenschaftler aufgegabelt wurde. Mit dem und den Tänzern ging es dann noch eine Bar weiter – die Gesichter der Tresenhänger, vor deren Augen ein Santa mit fränkischem Akzent seine erste Hula-Unterweisung bekam, werden für immer bleiben.

Solche Dinge passieren nicht in Sommernächten. Sommernächte sind vorhersehbar wie ein Groschenroman. Die Kunst kommt erst zurück, wenn es wieder kühler wird.

Weitere Texte der Serie: Draußenschlafen (10.7.), Die Nachtigall (13.7.), Sommerdüfte (16.7.), Weckerklingeln (20.7.), Marseille (24.7.), Hoteltipps (27.7.), Seenot (30.7.), Glühwürmchen (7.8.), Dunkelheit (10.8.), Fähren (14.8.), Mücken (20.8.), Lebensfries (24.8.)

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