zum Hauptinhalt
Ein Souvenir-Stand in Rom

© dpa

Sommersouvenirs (12): Erinnerungen: Nippes, nein danke!

Ein paar Wochen haben wir uns hier Gedanken gemacht über das, was man so von Reisen mitbringt. Nun enden die Ferien in Berlin. Zum Abschluss unserer Sommerserie erinnert sich Angie Pohlers an ihren Urlaub - ohne Souvenirs.

Urlaub hinterlässt in meinem Besitz nur selten Spuren: Ich kaufe keinen Nippes an Strandbüdchen, mein Gepäck mag ich leicht, auch auf der Heimreise. Von Jahr zu Jahr schieße ich weniger Fotos. Die Kamera verstaubt längst zu Hause, vom Alpenurlaub im August bleiben mir gerade mal vier Handyfotos. Wahrscheinlich werde ich drei davon ohnehin löschen, denn nur eins ist gelungen. Almpanorama mit Hütte und Kuh – ein Motiv, das man tausendfach bei Google findet. Kurzum: Urlaubsbilder – nicht viel mehr als Datenplatzschlucker. Mitbringsel – Staubfänger, Messie-Fetisch.

„Se souvenir“ bedeutet „sich erinnern“, nicht „sich unnützen Kram aufladen“. Die schönsten und wichtigsten Souvenirs hat man deshalb im Kopf. Binnen Sekunden laufen kleine Filme, dichte Szenen, vorm inneren Auge ab: Zu elft am Tisch der Almhütte, draußen das unablässige Bimmeln der Kuhglocken. Dazu der Geruch der selbst gekochten Käsknöpfle, die kein Österreicher je als richtige Käsknöpfle gelten lassen würde (und die dennoch fantastisch geschmeckt haben). Oder: Die Angst und die Flüche beim ersten Versuch am Klettersteig, die Bewunderung für die mutigen Mitreisenden. Abends dann rote Gesichter, überdrehtes Lachen, Rum im Kakao.

Kopffilme von anderen Reisen: Die nächtliche Bootsfahrt zu diesem einen abgeschiedenen Dorf in Costa Rica. Die raue Haut der Elefantenwaisen in Kenia. Eine unerklärliche Euphorie beim ersten Bad im Indischen Ozean. Die höllische Hitze am Toten Meer, der ölige Wasserfilm auf der Haut, die weltbesten Gastgeber in Jerusalem. Ein Schneesturm im Hochsommer beim Island-Campingurlaub, kompletter Wahnsinn. Die lustigen Versuche, Isländisch zu sprechen. Eyjafjallajökull, já, nei, takk.

Urlaubsblues in der Brust

Für all das braucht man keine Bilder, und wenn doch – die Reisebegleitung hat sowieso eine ganze Speicherkarte vollgeknipst. Ein Andenken aber schummelt sich immer ganz von selbst in mein Gepäck: Ein gewaltiger Blues, der sich am letzten Abend in der Brust festbeißt und am schlimmsten ist, wenn man die eigene Wohnungstür aufstößt. Statt anhaltender Urlaubslaune: seltsame Leere und dreckige Wäsche. Lag ich nicht eben noch am Strand? Wo ist die Leichtigkeit hin? Werde ich die angestauten Mails jemals lesen? Da hilft nur: zurücklehnen, Kopffilme gucken. Und vor allem: gleich die nächste Reise planen.

In der Serie sind zuvor erschienen: Bücher in fremden Sprachen, Flüssiges im Handgepäck, Lavendel, Blankbooks, Schalmeien, Steine, Keramik, Limoncello, Magneten, Ansichtskarten und Muscheln.

Zur Startseite