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SOULCody Chesnutt: O Bruder, wo warst du?

Geniestreiche aus dem Nichts sind in der Popmusik gar nicht so selten. Dass die Verursacher danach wieder in der Versenkung verschwinden, ist dann doch ziemlich unerhört. So verhielt es sich mit Cody Chesnutt.

Von Jörg Wunder

Nachdem er 2002 ein Debütalbum auf den Markt geworfen hatte, das zu Recht den unbescheidenen Titel „The Headphone Masterpiece“ trug. Denn nicht weniger als ein Meisterwerk war es, der Künstler ein ungeschliffener Edelstein, der vielleicht einmal so hell funkeln würde wie Prince oder Curtis Mayfield. Doch ach, in der Black Music waren gerade harte Gangsterrapper und am Fließband produzierte R’n’B-Klone angesagt. Auf ein in Heimarbeit eingespieltes Doppelalbum mit 36 vogelwild zwischen Soul, Funk, Psychedelic Rock, Jazz und Hip-Hop mäandernden Songs hatte die Welt nicht gerade gewartet: 25 000 Exemplare lautete nach einem halben Jahr das ernüchternde Verkaufsergebnis.

Selbst die Tatsache, dass die Roots Chesnutts „The Seed“ zum Hip-Hop-Welthit „The Seed 2.0“ hochfrisierten, konnte den Flop nicht verhindern. „The Headphone Masterpiece“ wurde eines jener legendären „Lost Albums“, die von Kennern mit Verschwörermiene weitergereicht werden. Cody Chesnutt verkroch sich wieder im heimischen Atlanta, schwor Drogen und Alkohol ab und gründete eine Familie. Und gönnte sich eine laaange Auszeit. Aus der er, fast genau zehn Jahre nach dem Debüt, mit dem Nachfolger „Landing on a Hundred“ zurückkehrte: nur noch zwölf Songs, weniger verspielt, weniger exzentrisch, aber ebenso grandios. Vor allem aber endlich passend in eine Zeit, die handgemachten, exzellent produzierten Soul und Funk neu zu schätzen lernte.Jörg Wunder

Festsaal Kreuzberg, Do 7.3., 21 Uhr, 25 € + VVK

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