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Kultur: Spekulanten in Preußen

Einst hieß die Börsenspielerei noch „Agiotage“ und gab bereits aktuell zu denken. Denn: „Es ist zur Kenntniß Seiner Majestät des Königs gelangt, daß in neuerer Zeit auch Beamte an der jetzt herrschenden Agiotage mit Eisenbahn-Papieren Theil nehmen, indem sie durch Actien-Zeichnungen und Ankäufe von Zusicherungsscheinen und Quittungsbogen für Eisenbahn-Unternehmungen sich dabei mit Capitalien betheiligen, welche über ihre Mittel oft weit hinausgehen.

Einst hieß die Börsenspielerei noch „Agiotage“ und gab bereits aktuell zu denken. Denn: „Es ist zur Kenntniß Seiner Majestät des Königs gelangt, daß in neuerer Zeit auch Beamte an der jetzt herrschenden Agiotage mit Eisenbahn-Papieren Theil nehmen, indem sie durch Actien-Zeichnungen und Ankäufe von Zusicherungsscheinen und Quittungsbogen für Eisenbahn-Unternehmungen sich dabei mit Capitalien betheiligen, welche über ihre Mittel oft weit hinausgehen. Da ein solches Verfahren einen Leichtsinn bekundet, welcher die Achtung vor dem Beamtenstande gefährdet und mit dem Interesse des Dienstes nicht vereinbar ist, so haben Seine Majestät mittelst Allerhöchster, an das Königliche Staats-Ministerium unterm 24ten v. Mts. erlaßener Ordre zu bestimmen geruht, daß dergleichen Schwindel-Geschäfte bei Beamten, gleich dem Spiele und leichtsinnigen Schuldenmachen, im Disciplinar-Wege nach Vorschrift des Gesetzes vom 29ten März d. J. (Gesetz-Sammlung pag. 77) geahndet werden sollen. Indem ich Euer Hochwohlgeboren diese Allerhöchste Willensmeinung bekannt mache, veranlasse ich Sie zugleich, solche in geeigneter Weise, unter Vermeidung der Oeffentlichkeit, zur Kenntniß und Beachtung der Mitglieder und Beamten der hiesigen Universität und den zu derselben gehörenden Institute zu bringen.“

Soweit der unter dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. wirkende Minister der geistlichen Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, also der Kultusminister von Eichhorn, in einem Schreiben vom 10. Juni 1844 an den außerordentlichen Regierungsbevollmächtigten an der Berliner Universität, Herrn von Ladenberg.

Schon damals also! Und die Öffentlichkeit sollte wie auch in heutigen Landesbanken nicht in das „leichtsinnige“ Gebaren der Beamten und deren Börsenspiele eingeweiht werden. Auch der folgende Aktenvermerk des Regierungsbevollmächtigten ist verblüffend aktuell. Er stellt fest, dass dieselbe Instruktion dem Rektor und Senat der Universität zugegangen, also irrtümlich an ihn gelangt sei; ergo sei „nichts mehr zu veranlassen“. Glücklicher von Ladenberg. So besteht denn auch die ganze Akte im Archiv der Humboldt-Universität aus diesem einzelnen Blatt.

Der Autor lehrte Wirtschaftsgeschichte an der Berliner HU und ist Herausgeber einer neuen Ausgabe der Werke von Karl Marx .

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