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SPIEL Sachen: Kittelschürzen- Kräche

Eigentlich sind Beziehungskrisen ja kein schöner Anblick. Es sei denn, man besichtigt sie im Theater. Christine Wahl besucht einen problematischen Männerhaushalt.

Dass sich die Ehehölle in Jürgen Goschs Inszenierung des Genre-Klassikers „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ am Deutschen Theater dank Corinna Harfouch und Ulrich Matthes von einer ausgesprochen imposanten Seite zeigt, wird niemand bestreiten können. Nun ruht der dramatische Partnerschaftsclinch zwar während der Theaterferien am DT, aber glücklicherweise nicht berlinweit. Eine kleine, aber wirklich äußerst feine Beziehungskrisenmeldung kommt zum Beispiel von der vom Hebbel am Ufer koproduzierten Oper Dynamo West. Die freie Truppe hat sich auf die Erkundung ausgemusterter Immobilien in den Berliner Westbezirken spezialisiert und lädt noch am 11. und 12. Juli jeweils um 20 Uhr zur Feier der Paarkrise in einen leer stehenden Supermarkt in der Kreuzberger Wrangelstraße 85. Dort hat Julie Rüter eine schön spießige Schrankwandbühne aufgebaut, in der sich dann knappe zwei Stunden lang Rainer Werner Fassbinders Stück Tropfen auf heiße Steine entfaltet: Leopold (Walter Sprungala), ein zunächst nicht direkt uncharismatischer Handlungsreisender, castet sich praktisch den jugendlichen Franz (Dominik Kleinen) direkt von der Straße weg als Lover und später vor allem als Hausmann. Auch wenn dem androgynen Objekt der Begierde die Kittelschürze ganz gut steht, bleiben Unzufriedenheiten, Kräche, bösartigste Machtspiele und heftigste Desillusionierungen nicht lange aus. Zumal, als die beiden Ex-Frauen der Männer – Anna (Franziska Dick) und Vera (Ernestine Tzavaras) – den Haushalt entern.

Die Regisseurin Franziska Seeberg hat das alles ganz genauso ernst, schwarzhumorig, traurig und unterhaltsam erzählt, wie es eben ist. Und damit zwischendurch auch niemand die Fallhöhe zwischen Liebesideal und Beziehungsrealität vergisst, lässt sie das Schauspiel schön ironisch mit Robert Schumanns romantischem Liederzyklus „Frauenliebe und -leben“ kollidieren – toll gesungen und gespielt von Sabine Hill und dem Pianisten Stefan Paul.

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