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SPIEL Sachen: Sport im Kopf

Christine Wahl beobachtet einen Wettstreit im Theater

Gemeinhin sind Wettbewerber ja nicht so einsichtig: Hase und Igel, die sich im gleichnamigen Märchen der Brüder Grimm einen Langstreckenwettlauf liefern, treten im Theater o.N. (Kollwitzstraße 53) als harmonische MusikCombo auf! Der einstmals arrogante Hase, der sich ganz auf die Muskelkraft seiner Beine verlassen und leider nicht kapiert hatte, dass Sport auch mit taktischer Kopfleistung zu tun hat, konnte sein Loser-Trauma inzwischen vollständig austherapieren. Und auch der Igel, der seine Kurzbeinigkeit beim legendären Wettbewerb mit einem IntellektualTrick kompensiert hatte, der heutzutage wahrscheinlich mindestens so hart bestraft würde wie Blutdoping, ist mit steigendem Alter gemütlicher geworden. Jetzt tingeln die beiden, nachdem sie sich in Berlin zufällig wieder getroffen haben, unter dem Motto Ick bin all hier (4.-6.8., 10 Uhr) durch die Lande und erzählen ihre Geschichte.

Durch diesen eigenmächtigen RegieEingriff der Theatercrew ins Werk der Gebrüder Grimm lernen dankenswerterweise ganz nebenbei schon die allerjüngsten Kulturkonsumenten, was es mit der seit Jahren zuverlässig wiederkehrenden „Regietheater-Debatte“ auf sich hat. Zurzeit ist das insofern besonders nützlich, als besagte Disziplin dank Daniel Kehlmanns höchst eigentümlicher Polemik zur Eröffnung der Salzburger Festspiele gerade mal wieder als Sommerlochfüller herhalten muss. Erwachsenen, die sich auf diesem Gebiet trotz Theaterferien fortbilden wollen, sei die Mittsommernachtsshow 09 im Hexenkessel Hoftheater empfohlen (2.8., 19.30 Uhr). Die nämlich geht als Hardcore-Variante quasi noch einen Schritt über das übliche „Regietheater“ hinaus, indem sie gleich vollends auf eine Stückvorlage verzichtet und die Zuschauer in eigenmächtiger Inszenator-Position das Geschehen auf der Bühne per Zuruf bestimmen lässt!

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