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SPIEL Sachen: Stille Nacht, schwierige Nacht

Christine Wahl staunt über problemfixiertes Weihnachtstheater

Nach Jahresendbesinnung sieht es in den Theatern nicht gerade aus: Überall kommen kurz vor den Feiertagen gewaltige Problembrocken auf den Tisch. Im Foyer des Maxim-Gorki-Theaters beispielsweise weist der dänische Autor und Regisseur Christian Lollike in seiner Werkstattaufführung Cosmic Fear oder: Der Tag, an dem Brad Pitt Paranoia bekam (19.12., 20 Uhr, und 22.12., 22 Uhr 30) noch einmal nachdrücklich auf die Klimakatastrophe hin. Der besagte Hollywoodstar, der ja kürzlich wegen des Drehbuchautorenstreiks kurz vor Drehbeginn aus dem Politthriller „State of Play“ ausstieg, will bei Lollike selbst einen Film drehen. Und zwar einen dokumentarischen – um der gewöhnlich schlecht informierten Mitwelt die Folgen des Klimawandels aufzuzeigen. Leider treiben Produzenten, Klimaexperten und weitere beteiligte Fachkräfte Pitt in den Wahnsinn: Der Hollywoodstar findet sich in einem sehr eigenwilligen Strudel aus Wahrheit, Lüge und Möglichkeit wieder.

Andere, aber nicht geringere Probleme wälzt das Theater zum westlichen Stadthirschen: Statt des Klimawandels steht in der Friedrichshainer Theaterkapelle (Boxhagener Straße 99) der demografische Wandel auf dem Jahresendprogramm. Aus gutem Grund: 25 Jahre alt werden die Stadthirsche, die 1982 von Schauspielabsolventen der HdK als Alternative zu den etablierten Häusern gegründet wurden und seinerzeit wahre Pioniere des freien Berliner Theaters waren, denen ihre antihierarchische Arbeitsweise und das Experimentieren mit neuen Erzählformen den Ritterschlag zur „Schaubühne der Off-Szene“ eintrug. Im freien Theater gehört man in diesem Alter längst zu den verdienten Veteranen. Was läge also näher, als zum Jubiläum ein Stück übers Älterwerden aus der Taufe zu heben? Für Weil morgen gestern war (14.–16.12., 20 Uhr) haben die Stadthirsche 68- bis 78-jährige Berlinerinnen sowie wesentlich jüngere Kollegen vom Theater Thikwa befragt und das erhobene Material mit literarischen und philosophischen Texten angereichert.

Klimakatastrophe, Vergreisung, Demenz – in Friedrich Wolfs Geschichte von der „Weihnachtsgans Auguste“ soll eigentlich kein solcher Problembrocken auf den Tisch, sondern nur ein solider Braten. Der allerdings wird zum Problem – denn der Kammersänger und Gourmet Löwenhaupt hat fürs Weihnachtsessen ein lebendiges Tier gekauft, dem seine Kinder lieber Ausgehpullover stricken, als es ans väterliche Messer zu liefern. Schließlich kann man sich mit „Gustje“ nicht nur hervorragend unterhalten, sondern auch durchaus sehen lassen. In der Kinderlesung morgen um 15 Uhr im Deutschen Theater wird Die Weihnachtsgans Auguste von der großartigen Margit Bendokat gesprochen: Garantiert ein generationenübergreifendes Vergnügen!

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