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SPIEL Sachen: Zeig es, wie es ist

Christine Wahl lobt den Realismus südafrikanischer Bühnenkünstler

„Ich empfinde es als künstlerische Verpflichtung, die Dinge so darzustellen, wie ich sie erlebt habe.“ Im ästhetikversessenen Diskurstheater unserer Breiten ist dieser Anspruch, den der südafrikanische Autor, Film- und Theaterregisseur Mpumelelo Paul Grootboom formuliert, nicht gerade en vogue. Selbst für das moderne Dokumentartheater ist die Ausstellung von Fiktionalisierungsstrategien ja – zu Recht – absolut obligatorisch.

Deshalb eignet sich die Eröffnungsinszenierung des Festivals Performing South Africa im Hebbel am Ufer (18.-27.9.) hervorragend dazu, den Blick für eine völlig anders geartete Bühnenrelevanz zu weiten. Grootbooms Township Stories (18./20.9., 20 Uhr & 19.9., 20.30 im HAU 2, Hallesches Ufer 32, Kreuzberg) werfen einen ungeschönten Blick auf die Lebensverhältnisse in schwarzen Townships. Es geht dabei weder um doppelte Böden noch um schauspielerische Virtuosität: Grootbooms Theater ist weniger theaterakademische Reflexion als konkretes, sozial relevantes Selbstverständigungstheater, das schwarze Intellektuelle regelmäßig polarisiert. Dass da schwarze Polizisten ihre Söhne vergewaltigen oder Väter aus Angst um das Leben ihrer Töchter Profikiller auf deren Freunde ansetzen, empfinden nicht wenige als Nestbeschmutzung, die weiße Vorurteile zementiert.

Der 33-jährige Regisseur, der tabuisierte Themen wie Aids, innerfamiliäre Gewalt oder Korruption verhandelt, realisierte seine erste Produktion in einem Sozialprojekt mit Jugendlichen. „Township Stories“ beschreibt er als geraffte Theaterfassung eigener Erfahrungen: Grootboom wuchs selbst in Soweto auf. Für hiesige Sehgewohnheiten ist der Eins- zu-Eins-Kinorealismus seines Stücks gewöhnungsbedürftig. Aber dass Theater auch eine ganz andere Dringlichkeit haben kann als mehr oder weniger bürgerliche Unterhaltung, ist ab und an eine wichtige Erfahrung.

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