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SPIEL Sachen: Im Überfluss der Worte

In der Regel möchte das Theater als Informationsmedium und Analyse-Instrument der Gegenwart ernst genommen werden. Das zeigen nicht nur die Autorentheatertage im DT, die zurzeit mit neuen Arbeitswelt-, Migrations- oder Kriegsdramen den Status quo bespiegeln.

In der Regel möchte das Theater als Informationsmedium und Analyse-Instrument der Gegenwart ernst genommen werden. Das zeigen nicht nur die Autorentheatertage im DT, die zurzeit mit neuen Arbeitswelt-, Migrations- oder Kriegsdramen den Status quo bespiegeln.

In der freien Szene gerät der traditionelle Aufklärungsanspruch kurz vor Saisonende indes ins Wanken. Zumindest auf den ersten Blick. „Wann darf man vor weltumspannenden Problemen auch mal die Augen verschließen?“, fragen Heike Pelchen und Michael Müller in ihrer neuen Produktion „Besitz bedeutet Besessene – eine Bankrotterklärung“ im Theaterdiscounter (bis So tgl. 20 Uhr) provokant. Sie melden berechtigte Zweifel an, dass wir mit all dem Info-Konfetti, das so in unsere Büros und Wohnzimmer rieselt, überhaupt je den Zustand des Bescheidwissens erreichen.

Als theatrale Reaktion auf diese niederschmetternde Diagnose versprechen Pelchen und Müller nun eine „Publikumsbeschimpfung 2011“, die die „Durchdringung von Information in Überinformation“ ermöglicht und Gegenwart statt in weltweiten Datennetzen mal wieder „in einer direkten Ansprache von Mensch zu Mensch“ vergegenwärtigt. Das klingt wahrscheinlich leichter, als es ist.

Gewagt klingt auch die neue Produktion des Theaterdiscounter-Mitgründers Georg Scharegg, die eine Woche später folgt. Der Regisseur will anhand von Goethes Dichter-Bespiegelungsdrama „Torquato Tasso“ (1.-3.7., 20.30 Uhr) Berlins internationalen Kunstbetrieb hinterfragen: Die Handlung wird vom Fürstenhof in die „neoliberale Galeristenszene“ verlegt. „Der Krieg um die gesellschaftliche Rolle und die Relevanz der Kunst findet auf dem Gebiet der Worte statt“, meint Scharegg. „Kleinste Formulierungspannen wirken sich aus im fragilen Beziehungsgeflecht von Künstlern und Vermarktern.“ Auf diese Verbal-Kollisionen dürfte nicht nur die Kunstszene gespannt sein.

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