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SPIEL Sachen: Jede Menge kaputtes Geschirr

Eine der interessantesten Entdeckungen des soeben zu Ende gegangenen Theater-Jahrzehnts ist der Schauspieler Milan Peschel – und zwar als Regisseur. Vor allem im Kindertheater.

Eine der interessantesten Entdeckungen des soeben zu Ende gegangenen Theater-Jahrzehnts ist der Schauspieler Milan Peschel – und zwar als Regisseur. Vor allem im Kindertheater. Als die versammelte Kritikerschaft deprimiert den Niedergang der Volksbühne konstatierte, machte der Castorf-Protagonist mit seinen Inszenierungstaten unmissverständlich klar: Die Volksbühne lebt! Und zwar im Theater an der Parkaue.

Zuerst befreite er das Märchen vom „Fischer und seiner Frau“ von aller Moralinsäure, die gemeinhin didaktisch aufgefahren wird, wenn Frauen auf Kosten ihrer Ehegatten in Spitzenpositionen drängen. Denn schließlich nutzt die Gattin des armen Fischers selbigen für ihre Karriere gnadenlos aus. Dem Alten war einst ein fettes Tier ins Netz gegangen. Und dafür, dass er es leben ließ, hat er ein paar Wünsche frei. Wenn seine Frau ihn nun daraufhin anstachelt, statt sich selbst etwas zu gönnen, lieber eine Art Kanzlerin aus ihr zu machen, findet Peschel das nicht etwa verwerflich. Stattdessen wird auf der Bühne derart vital zu Rio Reisers „König von Deutschland“ abgerockt, dass es kein Kind auf seinem Sitz hält. Auch moderne Konsumgegenstände wie Flachbildschirme oder Designmustertapeten treten auf.

Später legte Peschel, der dem Volksbühnen-Stil – wenngleich nicht ganz so erfolgreich – auch an Erwachsenen-Bühnen wie dem Maxim Gorki Theater die Treue hält, in der Parkaue mit Erich Kästners Geschichte „Das doppelte Lottchen“ nach. Auch die Adaption dieses ersten Kinderbuches der Nachkriegszeit zum Thema Scheidung der Eltern gelang Peschel famos. Statt altkluger, braver Mädchen tummeln sich selbstredend realitätsnahe Jungberlinerinnen in dem Ferienlager, in dem sich die nichts voneinander ahnenden Zwillinge Luise und Lotte einander kennenlernen. Und dass – wie zu jeder guten Party – auch zum Patchworkfamilienalltag Genöle, Gekreische und jede Menge zerschlagenes Geschirr gehören, macht der Regisseur unmissverständlich klar. Schön, dass „Das doppelte Lottchen“ (am Donnerstag, 20.1., 10 Uhr) nach längerer Pause endlich wieder auf dem Spielplan steht!

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