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SPIEL Sachen: Projekt Ost-West

Künstlerische Ostalgie-Wellen schwappten in den letzten Jahren ja gleich mehrfach über uns herein, gern in Form blühender Spreewaldgurken-Folklore. In eine dieser Wellen schrieb der Journalist Christoph Dieckmann weise hinein: „Wer den wahren Osten aufzufinden wünscht, der lese wenigstens eines der Bücher des Ost-West-Ost-Getriebenen“ Wolfgang Hilbig.

Künstlerische Ostalgie-Wellen schwappten in den letzten Jahren ja gleich mehrfach über uns herein, gern in Form blühender Spreewaldgurken-Folklore. In eine dieser Wellen schrieb der Journalist Christoph Dieckmann weise hinein: „Wer den wahren Osten aufzufinden wünscht, der lese wenigstens eines der Bücher des Ost-West-Ost-Getriebenen“ Wolfgang Hilbig. Wie wahr!

Zum Beispiel „Das Provisorium“ über den Leipziger Schriftsteller C., der in den 1980er Jahren die DDR vorübergehend mit einem Visum verlassen darf und im Westen auch nicht heimisch wird. Im Theater unterm Dach kommt dieses Werk des 2007 verstorbenen Hilbig jetzt auf die Bühne – collagiert mit dem Roman „Nachtgeschwister“ von Hilbigs Lebensgefährtin Natascha Wodin. Beide Texte tragen stark autobiografische Züge und beziehen sich aufeinander; sie erzählen gewissermaßen ein- und dieselbe Liebes- und Leidensgeschichte aus zwei verschiedenen Perspektiven.

Nun gibt Anja Schneider – Theatergängern als Schauspielerin des Maxim-Gorki-Theaters bestens bekannt – mit dem Theaterprojekt Nachtgeschwister (9./10., 24./25. und 29./30.3., 20 Uhr) ihr Regiedebüt. Selbst in der Nähe von Hilbigs Geburtsort Meuselwitz aufgewachsen, interessiert sie sich sowohl für das Spezielle dieses Ost-West-Paares als auch für universelle Beziehungsmuster. Zwei Jahre hat sie mit der Schauspielerin Daniela Holtz, die die weibliche Hauptrolle spielt, an diesem Projekt gearbeitet und unter anderem ausführlich mit Natascha Wodin gesprochen, die den Künstlerinnen ihr Privatarchiv öffnete.

Im Übrigen ist „Nachtgeschwister“ eine hervorragende Gelegenheit, sich einmal mehr die Qualität des Theaters unterm Dach zu vergegenwärtigen, deren Leiterin Liesel Dechant seit Jahren mit wenig Geld große Nachwuchsförderung betreibt. Die Existenz der Prenzlauer-Berg-Bühne ist – wie die anderer Kultureinrichtungen im „Kulturareal Thälmannpark“ – aufgrund von Sparmaßnahmen des Bezirks gefährdet; namhafte Künstler und Zuschauer solidarisierten sich bereits in einer Online-Petition gegen den Kulturabbau in Pankow. Auch das Deutsche Theater hatte die bedrohte Bühne kürzlich zu einem Solidaritätsgastspiel eingeladen. Die Entscheidung fällt am 14.3., wenn die Bezirksverordnetenversammlung den Haushalt beschließt.

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