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SPIEL Sachen: Saisonale Zwangsgeschenke

Was ist los in der Bühnen-Republik? Welche Trends, Glücks- und Unglücksfälle rollen über die Bretter von Aachen bis Zwickau?

Was ist los in der Bühnen-Republik? Welche Trends, Glücks- und Unglücksfälle rollen über die Bretter von Aachen bis Zwickau? Wie nah ist das alljährliche Intendanten-Grußwort zur Spielzeiteröffnung an den außertheatralen Aufregern: Finanzkrise, FDP-Niedergang, Copy & Paste? Diese Fragen beantwortet das rührige Theaterdiscounter-Trio um Georg Scharegg, Anne Freybott und Heike Pelchen jede Saison neu: In dem von ihm erfundenen Format „Spielplan Deutschland“ wird in einer Art Simultan-Rundumschlag angespielt und talkshowartig ausdiskutiert, was gerade auf der Bühne des Hamburger Thalia Theaters oder des Staatsschauspiels Dresden läuft.

Zum Jahresende haben sich Scharegg und Co. etwas Besonderes ausgedacht: Spielplan Deutschland – Das Weihnachtsmärchen (19./20.12., 20 Uhr) heißt das Sonderformat, in dem eine Jahresbühnenbilanz gezogen sowie der traditionelle Adventsmärchenzauber mit dem theatralen Status quo kurzgeschlossen wird. „Ist ,Pinocchio’ eine heimliche Version der Eurokrise? Gelingt im ,Dschungelbuch’ mehr Integration als in Felicia Zellers Stücken?“ Das sind Fragen, die das Team in seiner „Evaluierungsshow“ mitsamt saisonaler „Zwangsgeschenke, Glühwein, Goethe und Cameoauftritten“ erörtern will.

Zuschauer können sich mindestens auf einen Programmpunkt vorbereiten. Denn in der Show wird unter anderem die Beziehung zwischen Shakespeares Verwechslungskomödie „Was ihr wollt“, Michael Frayns 80er-Jahre-Boulevardklassiker über das Theater im Theater mit dem Titel „Der nackte Wahnsinn“ und Friedrich Wolfs „Die Weihnachtsgans Auguste“ erforscht. Um zu beurteilen, ob sich Shakespeare und Frayn tatsächlich erhellend befruchten, müsste man freilich nach Leipzig fahren, wo der dortige Intendant Sebastian Hartmann diese gewagte Kombination gerade auf die Bühne gebracht hat.

Die Weihnachtsgans Auguste aber kann man in Berlin sehen – in einer hochkarätig besetzten szenischen Lesung in der Box des Deutschen Theaters (18. & 21.12., 17 Uhr, 23.12., 16 Uhr). Margit Bendokat, Natalia Belitski, Thorsten Hierse und Michael Schweighöfer bringen die Story vom Opernsänger Luitpold Löwenhaupt, der schon im November eine lebendige Weihnachtsgans erwirbt und mit Frau und Kindern in Clinch bezüglich Tierschutz und allen anderen Grundsatzfragen gerät, mit Live-Musik zu Gehör.

Kleine Warnung: Wenn die Bendokat mit ihrer Ausnahme-Stimme, die einen noch im zweiten Rang, letzte Reihe, vom Sitz haut, das intelligente Federvieh spricht, das bald in liebevoll gestrickten Pullovern durch die Stadt spaziert, besteht Theater-Suchtgefahr. Eltern müssen damit rechnen, dass der Zuschauer-Nachwuchs auf dem nächsten Weihnachtswunschzettel ein Bühnen-Abo notiert.

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