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SPIEL Sachen: Zwiegespräche mit Goethe

Das ist doch mal eine Ansage: „Die Welt enthält keine Fragen, nur Antworten. Unsere Aufgabe ist es, zu jeder Antwort die richtige Frage zu finden.

Das ist doch mal eine Ansage: „Die Welt enthält keine Fragen, nur Antworten. Unsere Aufgabe ist es, zu jeder Antwort die richtige Frage zu finden.“ So steht es in Anna Jablonskajas Stück „Es gibt kein Ende“, das jetzt in der Regie von Christian Schäfer im Theaterdiscounter gastiert (Fr–So, 20 Uhr).

Die 1981 geborene ukrainische Autorin Jablonskaja, die im Januar 2011 dem Terroranschlag auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo zum Opfer fiel, verbindet in fünfzehn lakonischen Szenen Vergangenheit gewitzt mit Gegenwart und virtueller Welt: Ihre Zwiegespräche nehmen Anleihen bei Goethe, Brodsky oder Zwetajewa. Und so begeben sich nicht nur der deutsche Klassiker und seine Briefromanfigur Werther, sondern auch „Menschen mit bunten Haaren“, einzelne Gesichtsmuskelgruppen sowie handverlesene Vulkane auf die Suche nach den richtigen Fragen. Junge Zeitgenossen mit interessanten Suchtproblemen kommen zu Wort, ebenso hoch seriöse Lebensphilosophen: Ein Mädchen berichtet von ihrem unbändigen Verlangen, Kleinbus zu fahren, während ein Grauhaariger seinen Arbeitsalltag präzise als „Verlieren von Zeit“ beschreibt. Was dabei in der Koproduktion des Zimmertheaters Tübingen mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen entsteht, ist ein veritabler postbrechtianischer V-Effekt: „Gegenstände treten aus ihren vertrauten Zusammenhängen heraus“, so das Team vom Theaterdiscounter, „und Figuren nähern sich an, um gleich darauf die herkömmlichen Zeitverankerungen zu durchbrechen.“

Die richtigen Fragen hat hoffentlich auch die Regisseurin Aurora Kellermann gestellt, als sie für ihr Projekt „What’s left of“ (Fr/So, 20 Uhr) in der Sex-Branche recherchierte. Eine Rauminstallation und eine Performance werden auf der Bühne des Ballhauses Ost gegeneinandergestellt: Interviews mit Sexarbeiterinnen bilden eine der Grundlagen für Kellermanns Unterfangen, die Branche sowohl von Glamour- als auch von Kriminalisierungszuschreibungen zu befreien. Zudem geht es um den „Kapitalismus des Körpers“ in jenem Sinne, dass das „Sich- Anbieten“ auf dem (Arbeits-) Markt eine weithin anschlussfähige Gegenwartserfahrung darstellt.

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