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Joop van den Ende und seine Frau Janine kommen am 6.12.2015 in Hamburg bei der Premiere des Disney-Musicals "Aladdin"

© Daniel Bockwoldt/dpa

Stage Entertainment: Wie ein Finanzinvestor Joop van den Endes Lebenswerk zerstört

Erst das Aus für das Theater am Potsdamer Platz in Berlin, dann für die Musicalschule in Hamburg: Stage Entertainment gerät ins Schwanken. Der Patriarch hat letztes Jahr einen Fehler gemacht.

„Ich verkaufe meine Firma nicht, ich sehe mich nur nach einem Teilhaber um, der die Pläne, die ich für die nächsten fünf bis zehn Jahre ausgearbeitet habe, umsetzen kann.“ Das waren die Worte von Joop van den Ende vor zehn Monaten. Dann aber übertrug der holländische Unterhaltungsunternehmer im Sommer 60 Prozent seiner Stage Entertainment an einen Luxemburger Finanzinvestor – und muss nun zusehen, wie sein Lebenswerk zerstört wird. Denn seine neuen Partner haben eine grundlegend andere Vorstellung von Investition und Ertrag als der holländische Theatermacher.

Anfang der neunziger Jahren hatte Joop van den Ende im kommerziellen TV-Geschäft sehr, sehr viel Geld verdient. Das setzte er ab 1998 ein, um seiner privaten Leidenschaft für die unterhaltende Bühnenkunst zu frönen. Er baute einen Musicalkonzern auf, der mittlerweile ein global player ist. Allein in Deutschland zählt Stage Entertainment 1650 Mitarbeiter und betreibt elf Häuser.

Noch. Denn die Manager des Finanzinvestors begreifen sich in künstlerischen Fragen nicht als Partner Joop van den Endes, sondern schauen einzig und allein auf den Profit. Solange die Stage Entertainment ein Familienbetrieb war, stand der Gründer mit seinem Privatvermögen ein, wenn mal ein Stück nicht funktionierte. Nachdem die Londoner Filiale der Stage Entertainment zwei Flops produziert hatte und auch die Exportshow des „Rocky“-Musicals aus Hamburg an den Broadway nach sechs Monaten wieder dichtmachen musste, war zuletzt ein Defizit von 19 Millionen Euro aufgelaufen.

Joop van den Ende hätte das aus der Portokasse begleichen können, seine neuen Freunde aber greifen hart durch. Am Mittwoch wurde bekannt, dass in Berlin am Theater am Potsdamer Platz die Lichter erst einmal ausgehen werden, wenn das Udo-Lindenberg-Musical „Hinterm Horizont“ Ende August abgespielt ist. 100 bis 150 Mitarbeiter wird das ihren Job kosten.

Die Academy lag van den Ende besonders am Herzen

Einen Tag darauf kam dann auch das Aus für die firmeneigene Ausbildungsstätte in Hamburg: Seit 2003 werden hier Darsteller ausgebildet, die Schule genießt in der Szene einen ausgezeichneten Ruf. Sogar der niederländische König Willem-Alexander hatte bei seinem letzten Hamburg-Besuch die „Joop van den Ende Academy“ besichtigt.

Dass ausgerechnet eine Institution abgewickelt wird, die als Investition in die Zukunft des Genres gedacht ist und auch noch nach seinem Gründer benannt ist, muss Joop van den Ende schmerzen. Die Nachwuchsförderung liegt ihm sehr am Herzen, in seiner Heimat gibt er über eine Stiftung jährlich zehn Millionen Euro für kulturelle Talente aus. Doch als Minderheitsgesellschafter in seiner eigenen Firma kann er den Kahlschlag bei der Academy wohl nicht stoppen.

Wer heute auf dem Musicalmarkt bestehen will, muss nicht nur viel Geld in die Hand nehmen, sondern braucht auch Liebe, Mut und Ausdauer. Bevor das Udo-Lindenberg-Stück in Berlin zum Erfolg wurde, hatte Stage Entertainment jahrelang versucht, mit den Scorpions ein Musical auf die Bühne zu bringen. So viel Geduld haben die neuen Chefs offenbar nicht.

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