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Noch nicht ganz wirklich. Die Kuppel des Humboldt-Forums.

© Tobias Schwarz/AFP

Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Geteiltes Erbe

Neue Nationalgalerie, Humboldt-Forum, Provenienzforschung: das Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz.

Die Schließung der Neuen Nationalgalerie für mindestens fünf Jahre bildet einen herben Einschnitt für das Angebot der Staatlichen Museen. Im neuen „Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz“, das das Jahr 2014 beleuchtet, wird dieses Architekturdenkmal mit dem Vortrag, den der wohl beste Kenner des Werks von Mies van der Rohe, Fritz Neumeyer (TU Berlin), im November 2014 gehalten hat, noch einmal ins Bewusstsein gehoben. Neumeyer hat in seinem soeben wieder aufgelegten Buch „Das kunstlose Wort“ (DOM Publishers) die geistesgeschichtlichen Wurzeln freigelegt, aus denen Mies’ kompromissloses Werk erwachsen ist. So nennt er im selben Atemzug Nietzsche, der die „Erhabenheit des Sich-Besinnens“ fordert, und Mies’ eigenes Wort schon von 1932 über den „Raum als Entfaltung des Geistes“.

Das andere große Thema des Jahrbuchs ist das Humboldt-Forum. Einmal beiseitegelassen, ob es so recht zum Verbund der Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehört oder künftig zählen wird: Klaas Ruitenbeek, Direktor des Museums für Asiatische Kunst, erläutert den Entwurf des Architekten und Pritzker-Preisträgers Wang Shu für den immerhin 560 Quadratmeter großen Raum zum „Imperialen China“ rings um den Kaiserthron (um 1700), den das Museum zu seinen kostbarsten Schätzen zählt. Wang Shu, der mit der Neuinterpretation traditioneller chinesischer Ziegelbauweise einen Gegenentwurf gegen die neureiche Bauwut seines Heimatlandes gesetzt hat, will im Humboldt-Forum ein Raumerlebnis schaffen, das jeden Besucher chinesisch anmutet, ohne folkloristisch mit Versatzstücken zu spielen.

Hochaktuell ist der Aufsatz von Karin Pütt über das Archivierungsprojekt für syrische Kulturgüter, das mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes am Museum für Islamische Kunst vorangetrieben wird. Die abgebildeten Fotos etwa aus dem umkämpften Aleppo lassen die Verluste erahnen, die diesem allzu wenig bekannten Weltkulturerbe bereits zugefügt wurden und weiter drohen. Aktuell ist und bleibt ebenfalls der Beitrag der Juristinnen im Präsidialamt, Carola Thielecke und Dorothea Kathmann, über Provenienzforschung in der Stiftung, auch im Hinblick auf den Umgang mit menschlichen Überresten und die Verwirklichung von „Shared Heritage“.

Dass sich der frühere Bundespräsident Horst Köhler in seinem im Alten Museum gehaltenen Vortrag zum Humboldt-Forum als einem „Beitrag zu einer neuen, menschheitlichen Bewusstseinsbildung“ äußert, gibt dem Jahrbuch einen zusätzlichen Akzent. Das Buch ist in seiner fünfzigsten Ausgabe farbiger und luftiger geworden als mancher frühere Band. Gelitten hat dabei ein wenig die Information über und Wiedergabe von Forschungsarbeiten der Stiftung, ein Arbeitsfeld, das dem Präsidenten Hermann Parzinger doch so am Herzen liegt. 341 Seiten sind nicht viel, gemessen an dem, was die Einrichtungen der Stiftung leisten. Künftige Jahrbücher dürfen ruhig wieder umfangreicher werden.

Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz, Band L: 2014. Gebr. Mann Verlag, Berlin 2016. 341 Seiten, 35 €.

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