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Kultur: Stille Post nach nirgendwo

KUNST

Es ist ein uraltes Spiel: Fünf Frauen stehen im Kreis, eine flüstert der nächsten etwas ins Ohr, und am Schluss kommt etwas Anderes heraus. „Stille Post“ heißt auf Englisch „Chinese whispering“, und mit der Sprachverfremdung treibt Jananne Al-Ani ein raffiniertes Spiel. Bei ihr sind es fünf Fernsehschirme, die im abgedunkelten Raum stehen, und abwechselnd taucht auf einem ein schönes, klares Frauengesicht auf. Am Ende wird das Ergebnis verkündet. Da ist aus „Nobody helped us in time“ (Niemand hat uns rechtzeitig geholfen) „Nobody actualy listened to her“ (Keiner hat ihr zugehört) geworden, oder aus „Everything fits together now“ (Alles passt jetzt zusammen) „Everything is censured“ (Alles wird zensiert). Das ist in seiner surrealen Sinnlosigkeit allein schon gut. Wird es noch besser, wenn man weiß, dass Al-Ani als Dreizehnjährige aus dem Irak fliehen musste? Die Ausstellung Love Affairs in der Berliner ifa-Galerie legt das nahe. Es soll um die Rolle der Frau in der islamischen Welt gehen, um die Frage nach Intimität und Öffentlichkeit, Stereotyp und Vorurteil. In diesem Kontext klingen Al-Anis Sätze, die von Zensur, Hilferufen oder misslungener Kommunikation künden, plötzlich anders. Und sind in der Simplizität der Anordnung doch unendlich raffinierter als die anderen Positionen: Selma Gürbüz verarbeitet in Zeichnungen turtelnde Tauben und krallenähnliche Monster. Chant Avedissian ehrt Stars in plakatgroßen Wandbildern. Und Nadine Touma sammelte in den Straßen von Kairo männliche Kommentare und verarbeitete sie zu Schrift-Klang-Installationen. Da ist aus der eigenständigen Position wieder ein Stereotyp geworden (bis 14 März, Di bis So 14-19 Uhr, Katalog 9 €).

Christina Tilmann

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