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Kultur: Stiller Frust

Nanouk Leopolds Drama „Brownian Movement“

Die Männer sind fett, haarig oder greisenhaft, sie grunzen und schnaufen, ihr Blick ist glasig, sie zittern vor Erregung. Sie sind abstoßend, und vielleicht ist es gerade das, was die Ärztin Charlotte (Sandra Hüller) an ihnen reizt. Sie hat eigens ein Appartement gemietet, in das sie die Männer einlädt, um Sex mit ihnen zu haben. Sie sind Testobjekte, allesamt.

„Brownian Movement“ hat die niederländische Regisseurin Nanouk Leopold ihren Film genannt, nach dem physikalischen Phänomen der unregelmäßigen Zuck-Bewegung von Teilchen. Die Erzählweise aber ist alles andere als flirrend. Charlottes Treffen, ihre bürgerliche Existenz mit Ehemann und Kind, ihr Zusammenbruch, als sie einen ihrer Sexpartner wiedertrifft, das Auffliegen des Doppellebens, die anschließende Gesprächstherapie, der Versuch eines Neuanfangs – all das entwickelt Leopold in teils quälend langen Einstellungen, in grandiosen, perfekt durchkomponierten Bildern (Kamera: Frank van den Eeden). Berliner Schule auf Niederländisch.

Gedreht wurde auf Englisch und Französisch, der Film spielt in Brüssel, später in Indien, die Figuren sind Zugezogene. Dieses Heimatlose passt zu Charlotte, die in kühlen, leeren Räumen gezeigt wird, in Labors, auf Baustellen in Corbusier-Häusern. Immer wieder ruht die Kamera auf ihr, sie sitzt oder liegt, schaut ins Irgendwo, manchmal umspielt ein feines Lächeln ihren Mund, eine entrückte Mona Lisa, vielleicht verrückt, vielleicht auch einfach eine existenziell Einsame.

„Brownian Movement“ ist ein Kunstfilm, über das Zusammensein, über Akzeptanz und Bindung, über Ausweichbewegungen. Erklärungen gibt es keine, Charlotte hat keine Worte für das, was sie tut und fühlt, es gibt kaum Dialog, ihr Mann (Dragan Bakema) leidet stumm. Der Film spricht durch die Bilder, hängt in der Luft, ungreifbar. Das kann unbefriedigend sein, aber so ist das Leben. Jan Oberländer

fsk und Hackesche Höfe (beide OmU)

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