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Kultur: Streichzart

Musikfest Berlin (2): das Cleveland Orchestra

Beim Konzert des Cleveland Orchestra klaffen in den Sitzreihen der Philharmonie deutliche Lücken. Kein Hauch von Festivalstimmung. Immer deutlicher zeigt sich, dass der Glanz internationaler Eliteorchester nicht die konzeptionelle Beliebigkeit des Musikfests übertünchen kann. Sandwich-Programme mit einem möglichst verträglichen, zwischen zwei Klassikern eingequetschten Moderne-Happen haben in Berlin keine Chance mehr. Auch das Cleveland Orchestra hätte sich Mozarts „Prager“ Sinfonie schenken können. Samtweiches Dauergrazioso, betuliche Tempi, herabgedimmte Dramatik – mehr als ein Vehikel zur Ausstellung des Cleveland-Streicherschönklangs vermag Chefdirigent Franz Welser-Möst in dem Stück nicht zu entdecken. Kaija Saariahos vor vier Jahren uraufgeführten „Orion“ mit „La Mer“ zu koppeln, macht wenigstens Sinn. Doch in seiner schillernden Gemächlichkeit wirkt das Milchstraßen-Tongemälde im Vergleich mit Debussys Seestück träge, wird zum klingenden Abbild eines gemästeten, überzüchteten Orchesterapparates. Bleibt „La mer“ als einsamer Höhepunkt: Mit atemberaubender Perfektion, delikater Farbigkeit und tänzerischem Elan, der schon im Mittelsatz den Rausch des Finales ankündigt – ein Fest des Lebens. Na immerhin.

Jörg Königsdorf

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