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Baustelle im Schlüterhof des Berliner Schlosses

© dpa

Streit mit Peymann und Castorf: Tim Renner fehlt die Street Credibility in der Hochkultur

Das Gewicht in der Kulturpolitik in Berlin hat sich massiv zugunsten des Bundes verschoben. Kulturstaatsministerin Monika Grütters macht die Ansagen, Tim Renner will jetzt dagegen halten.

Wenn nicht alles täuscht, dann schreiben wir bereits 2017. Das ist das Jahr, in dem die Verträge der Berliner Theaterleiter Frank Castorf und Claus Peymann endgültig auslaufen. Die beiden Intendanten-Dinosaurier veranstalten ein so gewaltiges Getöse, als stünde ihre Überstellung ins Naturkundemuseum unmittelbar bevor. Sie sehen ihre Häuser, ja ganz Kultur-Berlin dem Untergang geweiht – Schuld daran trügen Tim Renner und Michael Müller.

Abgesehen von Eitelkeiten, Entertainerqualitäten und eingebildeter Endzeitstimmung: 2017 wird aus einem ganz anderen Grund für Berlin und seine Kulturlandschaft eminent wichtig. Dann muss ein neuer Hauptstadtvertrag ausgehandelt sein. Die alte, 2007 geschlossene Vereinbarung verliert ihre Gültigkeit. Darin war zum Beispiel die finanzielle Beteiligung des Bundes – 200 Millionen Euro – an der Sanierung der Staatsoper geregelt.

Es geht beim Hauptstadtvertrag um sehr viel Geld, es geht um Förderstrukturen und um Kompetenzen. Die kann das Land Berlin am besten gleich an den Bund abtreten. So stellt sich die Lage momentan dar. Der Bund macht die Kulturpolitik für die Hauptstadt. Kulturstaatsministerin Monika Grütters agiert wie eine Über-Kultursenatorin im Kanzleramt.

Michael Müller bietet ein tristes Bild, Tim Renner hat's schwer

Das bringt ihr Job mit sich. Berlin ist das kulturelle Zentrum des Landes. Was hier geschieht, wird weltweit wahrgenommen. Grütters arbeitet mit Leidenschaft und Nachdruck, setzt Ankündigungen verblüffend schnell um. Das gilt für das Museum der Moderne ebenso wie für die Berufung von Neil MacGregor, der als Gründungsintendant das Humboldt-Forum prägen soll. In beiden Fällen ist der Bund ohnehin zuständig. Doch das Land Berlin hat beim Humboldt- wie auch beim Kulturforum einiges mitzureden und zu gestalten. Allein, Berlin hielt sich die längste Zeit heraus – an diesen herausgehobenen Orten!

Bruchstellen tun sich auf, das Gewicht hat sich massiv zugunsten des Bundes verschoben. Grütters’ biederer Vorgänger Bernd Neumann sah sich noch Profis gegenüber, dem Regierenden Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit und Kulturstaatssekretär André Schmitz, einem eingespielten Duo. Monika Grütters, die aus der Berliner Politik kommt und über reiche Erfahrung auf Bundes- und Landesebene verfügt, hat es mit Michael Müller und Tim Renner zu tun. Wowereits Nachfolger auch im Amt des Kultursenators mag sich Kultur kaum antun, zeigt keine Initiative: Müller bietet ein tristes Bild. Und Renner hat es schwer.

Das Humboldt-Forum bringt Bewegung und Veränderung

Als er vor einem Jahr sein Amt antrat, war fast alles festgezurrt. Er will durchaus etwas bewegen, muss sich als Quereinsteiger aber erst einmal Street Credibility in der Hochkultur erwerben. Grütters wiederum ist dort bestens vernetzt.

Nun prescht Renner vor. Er plant, die Volksbühne nach Castorf so umzubauen, dass sie zur Konkurrenz für eine Bundeseinrichtung wie die Berliner Festspiele wird. Vielleicht kann man über all diese Dinge mal reden, sich abstimmen. Da würde sich Erstaunliches zeigen. Über die Berliner Festival-Landschaft ist die Zeit hinweggegangen. Der gesamte Bereich Tanz und Performance, all das muss neu geordnet werden, so wie es vor einigen Jahren bei den Opern nötig war. Auch die Staatlichen Museen sind im Wandel. Die Schlossfassade täuscht: Das Humboldt-Forum bringt Bewegung und Veränderung. Da entsteht ein neues Zentrum für die Stadt. Und die Hauptstadtkultur.

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