zum Hauptinhalt
Knallig. Die Edition Suhrkamp. Foto: dpa

© dpa

Streit um Suhrkamp: Böse gegen Böse

Eine Villa und zwei unerbittlich streitende Gesellschafter: Die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung und die Medienholding AG treffen sich zum Prozess vor dem Berliner Landgericht. Ein Urteil wird erwartet.

Bevor es in der ewigen Suhrkamp-Soap am 13. Februar in Frankfurt womöglich zum großen Showdown über das Fortbestehen des Verlages kommt, treffen sich die zerstrittenen Gesellschafter am heutigen Montag vor dem Berliner Landgericht, Standort Littenstraße, 12 Uhr. Hier soll nun ein Urteil über zwei Klagen gefällt werden, die von dem Minderheitsgesellschafter Hans Barlach und seiner Medienholding AG (hält 39 Prozent an dem Verlag, 61 gehören der von Ulla Unseld-Berkéwicz geleiteten Familienstiftung) eingereicht wurden.

Bei der einen geht es um die Villa von Ulla Unseld-Berkéwicz in der Gerkrathstraße in Nikolassee. Bei der anderen um die von Barlach geforderte Absetzung der drei Suhrkamp-Geschäftsführer, also Ulla Unseld-Berkéwicz, Jonathan Landgrebe und Thomas Sparr. Die Villa wurde von Unseld-Berkéwicz und ihrem Bruder vor zwei Jahren gekauft und restauriert. Der Streit entzündet sich daran, dass Räume der Villa auch an den Suhrkamp Verlag vermietet worden sind, als Veranstaltungsräume und Übernachtungsmöglichkeit für Autoren und Gäste des Verlags. Unseld-Berkéwicz ist also Eigentümerin der Villa und als Leiterin des Verlages Mieterin. Da steht der Verdacht im Raum, hier seien womöglich Renovierungs- und Ausstattungskosten des gesamten Hauses vom Verlag übernommen worden, was die erste Klage auf Schadensersatz begründet. Und da wird von der Medienholding zudem moniert, dass die Mehrheitsgesellschafterin keine Zustimmung bei ihren Mitgesellschaftern für die Anmietung der Räume in Nikolassee eingeholt hat, worauf die zweite Klage mit der Forderung nach der Abberufung der Geschäftsführung basiert.

Bei der ersten Verhandlung im Oktober schlug der Richter einen Vergleich vor: dass der Mietvertrag zwischen der Familie Unseld-Berkéwicz und dem Verlag aufgelöst und die Einrichtungsgegenstände der vom Verlag gemieteten Räume verkauft werden, die Geschäftsführung aber im Amt bleibe. Der Vergleich wurde von den Streitparteien abgelehnt; doch das Angebot deutet darauf hin, dass das Berliner Landgericht bei der Villa eine unzulässige Vermengung von privaten und geschäftlichen Interessen sieht.

So wie man sich in Berlin absolut konträr gegenübersteht, so ist auch beim Frankfurter Landesgericht keine Einigung in Sicht. Hier geht es um die jeweiligen Anträge der Gesellschafter auf Ausschluss aus dem Verlag – und hier eskalierte vergangene Woche die Situation, als Hans Barlach als Minderheitsgesellschafter die Verlagsauflösung beantragte, sollte seiner Klage auf Ausschluss der Familienstiftung nicht stattgegeben werden (Tsp vom 6.12.). Was ihn treibt, ist unklar: Zerstörungswut? Unbedingt Recht bekommen wollen? Die Familienstiftung scheint bezüglich der Auflösungs- und Ausschlussklage keine große Sorge zu haben. In einer Stellungnahme betonte sie, dass sie der Entscheidung des Gerichts in Frankfurt „ebenso zuversichtlich wie gelassen entgegensehe“. Der Vorsitzende Richter Norbert Höhne aber erklärte nach der Verhandlung, dass „einer der namhaftesten Teilnehmer am deutschen Literaturbetrieb zu verschwinden droht“.

Das könnte die Konsequenz sein, falls sich die Streitparteien auf keinen gemeinsamen Status quo einigen können und sich weiterhin stur als „Inkarnation des Bösen“ (Richter Höhne) betrachten. Unseld-Berkéwicz und der Suhrkamp-Verlag haben sich ihre Mitgesellschafter tatsächlich nicht ausgesucht, ein Entgegenkommen ist kaum zu erwarten; und das Geld, nach dem Erwerb der Anteile des Unseld-Sohns Joachim auch Barlach seine Anteile abzukaufen, dürfte der Verlag kaum haben, wie hoch auch immer der Wert des Verlages beziffert wird. Zudem scheint Hans Barlach an einen Verkauf gar nicht zu denken. Es sprechen nun also nur noch: die Richter. Gerrit Bartels

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false