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Kultur: Stricken ist keine Lösung

STUDIE

Als einzige Studentin für Komposition und Elektronische Musik am Mailänder Konservatorium musste sich Christina Kubisch Mitte der 70er-Jahre Kommentare von Professoren anhören, die ihre Kunst mit Stricken verglichen. Kubisch verlegte sich nicht auf Strickmuster, sondern experimentierte mit Boxhandschuhen auf der Querflöte und zählt heute zu den arrivierten Klangkünstlerinnen in Deutschland. Wie Frauen im Kunstbetrieb eigene Erfolgstrategien entwickeln und wo Barrieren immer noch wirken, zeichnet eine Studie über „Erfolgreiche Künstlerinnen“ nach (Susanne Binas, Erfolgreiche Künstlerinnen – Arbeiten zwischen Eigensinn und Kulturbetrieb, Klartext Verlag Essen 2003, 15,90 €).

Anhand von Interviews mit Protagonistinnen aus Tanz, Musik, Literatur und Bildender Kunst erforschen Susanne Binas und ihre Co-Autorinnen das Selbstverständnis zeitgenössischer Künstlerinnen, zeigen aber auch Ungleichheiten in den einzelnen Sparten. Im historisch von Frauen geprägten Modernen Tanz gehören Choreografinnen wie Reinhild Hoffman, Susanne Linke oder Sasha Waltz heute zweifelsfrei zur Spitze, während die Musik ein trauriges Bild abgibt: so verzeichnet die Berlin-Brandenburgische Akademie der Künste unter 50 Komponisten lediglich drei weibliche Mitglieder, und die Musikerin Iris ter Schiphorst attestiert ihrem Metier eine „Denkweise des 19. Jahrhunderts“. Ausgewogener sieht es in der Literatur aus. Die Krimi-Autorin Thea Dorn verbucht ihr Geschlecht als Karriere-Vorteil und weiß von Kollegen, die sich für ihr nächstes Buch ein weibliches Pseudonym zulegen wollen. Anlässlich der Vorstellung wünschte Wolfgang Thierse dem Buch „viele Leserinnen, aber vor allem viele Leser“.

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