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Kultur: Stürmisch

Rudolf Buchbinder beendet seinen Beethoven-Zyklus.

Das Ende eines Lebens kann voller Wut sein, Erbitterung und verzweifelter Sehnsucht nach einem letzten „Nur einmal noch“. Das suggeriert Rudolf Buchbinder, wenn er in seinem Beethoven-Zyklus im Kammermusiksaal das letzte Kapitel des „Neuen Testaments der Klavierliteratur“ aufschlägt. Die Sonaten Opus 109, 110 und 111 künden vom Kampf um künstlerische Selbstfindung und die Bewältigung persönlicher Schmerzen – auf dem Klavier, bevor in Sinfonie und Streichquartett noch letzte Dinge zu sagen waren.

Der Meister hat hier also noch keineswegs abgeschlossen, sagt uns Buchbinder. So verweigert vor allem seine Interpretation der c-Moll-Sonate jegliche Verschleierung von Konflikten. Wild stürmt das „Allegro con brio ed appassionato“ vorbei, ungewöhnlich schroff noch in lyrischeren Seitenmotiven. Dramatisch türmt sich das stille Thema der „Arietta“ in den hart zugespitzten synkopischen Variationen auf, wird in den späteren Fortführungen zum reißenden Arpeggien-Strom, statt körperlos gen Himmel zu streben. Seine Trillerketten singen ein mächtiges „Lied von der Erde“, statt ein fernes Elysium zu beschwören.

Ebenso ist in Opus 110 die Fuge keine tröstende und zugleich abstrakt-verallgemeinernde Besänftigung des vorhergehenden Lamentos, das Buchbinder dynamisch aufbegehren lässt – wie überhaupt die stillen Pianotöne an diesem Abend nicht seine Sache sind. Und trotz warm leuchtender Klangfarben bricht sich auch eingangs im lyrischen Opus 109 eine fortreißende Leidenschaft Bahn – persönlicher ist all das kaum zu hören. Standing Ovations. Isabel Herzfeld

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