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Kultur: Summertime mitten im Winter

Die lange NACHT DER PREMIEREN: Berlinale-Stars vergnügten sich bei spontanen Konzerten und exklusiven Empfängen

Eine Szene wie am Filmset: Da sitzt Schauspieler Jeff Goldblum am Keyboard und blickt zu seiner Kollegin Julie Delpy herüber, die gerade gefühlvoll „Summertime“ intoniert. Ihre Augen scheinen die Kamera zu fixieren. Doch es ist kein neuer Kinohit, der hier in der Nacht zu Sonntag im Maritim Hotel entsteht. Vielmehr unterhalten die beiden musizierenden Filmstars die Gäste der Premierenparty für „2 Tage in Paris“, bei dem die Französin erstmals Regie geführt hat. Plötzlich sind es mitten im Berliner Winter gefühlte 30 Grad plus. Auch den Gästen, darunter Veronica Ferres , Daniel Brühl – der in Delpys Film mitwirkte – und Berlinale-Jury-Präsident Paul Schrader wird’s warm. Vor allem ums Herz.

Eine ähnliche Art der Klimaveränderung erlebten auch die jungen indischen Filmemacher Kanu und Suhani, die sich bislang noch nicht so recht mit den Temperaturen in Berlin anfreunden konnten. Aber die warme, gastfreundliche Atmosphäre beim Berlinale Talente Campus ließ sie spontan ins Schwärmen geraten. Die fröhlichste, hoffnungsvollste und unbefangenste Party fand am Samstagabend im „Hebbel am Ufer“ im Anschluss an die Verleihung des „Berlin Today Award“ statt. Lässig auf Stufen sitzend tauschten hier potenzielle Stars von morgen bei Rotwein, Cola und Thai-Curry ihre ersten Eindrücke aus. Der 25-jährige Han Chiang Hsu aus Taiwan träumt davon, einen Science-Fiction-Film über Berlin zu drehen. Paul aus New York würde mit technischem Know How helfen. „Berlin ist viel dynamischer als New York“, sagt er. „Hier ändert sich so viel.“ Gil Wiener aus Israel würde gern etwas über ältere jüdische Paare und ihre Sicht auf Berlin machen. Und dann ist da noch Valeriu aus Moldawien, es ist sein erster Tag in Berlin. „Die Stadt ist völlig anders als meine Heimatstadt“, sagt der 22-jährige Filmstudent. „Und doch ist hier etwas sehr Vertrautes in der Luft, etwas, an das ich mich ganz schnell gewöhnen kann.“

Während die aufsteigenden Sterne sich und ihre gemeinsame globale Zukunft feiern, geht am Gendarmenmarkt die etablierte Society in Stellung, um Karl Lagerfeld zu huldigen. Seine Champagner-Party findet bei „The Corner“ statt, jenem Geschäft, das nicht nur bei Lagerfelds Entourage in ist, sondern auch schon Demi Moore zum Shopping verlockte. Sorgfältig gestylt haben sich unter anderem Hannelore Elsner , Jasmin Tabatabai , Isa von Hardenberg , Anna von Griesheim und etliche Fashion Victims von überall her. Auch dabei Ulrich Mühe , Robert Stadlober und Charlotte Casiraghi , die Tocher von Prinzessin Caroline von Monaco, die seit langem mit Lagerfeld befreundet ist. Eine Stunde und zwanzig Minuten nach Beginn der Party schreitet Lagerfeld mit der Grandezza eines Weltstars ein, Sonnenbrille über entsagungsvollen Mundwinkeln, Glitzersterne auf dem Jackett. Für Claude Martin , den französischen Botschafter und seine Frau steht er wieder auf, plaudert, begrüßt dann mit etlichen Küsschen Angelika Blechschmidt , die frühere Vogue-Chefin und verabschiedet sich eine dreiviertel Stunde später Richtung Flughafen. Gewohnt hat er im Dorint Hotel am Gendarmenmarkt, dessen Chefin, Tini Gräfin Rothkirch , Anfang der 80er Jahre das Schlosshotel im Grunewald leitete, als er es in ein Lagerfeld Design verwandelte. Sie schwärmt immer wieder vom unkomplizierten Auftreten der Mode-Legende jenseits der Kameras. Dazu zählt wohl auch, dass er vor der Fete nicht, wie die meisten Stars, im Borchardt diniert hat, sondern im gegenüber liegenden Aigner.

Wie unbefangen sich Film und Mode in diesen Tagen auf allen Glamour-Ebenen vereinen, zeigte auch der elegante Berlinale-Empfang, den MCM-Top-Designer Michael Michalsky am Sonntag im Laden des Accessoire-Unternehmens am oberen Ku’damm für Filmschaffende wie Christian Oliver , Rosalind Baffoe und Joachim von Vietinghoff gab.

Nicht nur die Mode glänzt. Mit immer neuen Einfällen präsentiert sich die Stadt ihren internationalen Gästen kulinarisch mit stilistischer Vielfalt, gern durch eine Mischung aus Bodenständigem und Exotischem – aus, sagen wir mal, Curry- Wurst im Pappteller und Couscous auf Porzellan, ergänzt durch asiatische Reiscracker und zierliche Frühlingsrollen, abgerundet durch weiße Nougatleckereien mit dem blauen, verzehrbaren Logo des Sponsors der Party. Am späten Samstagabend war das, wie so oft auf dem Filmfest, der VW-Konzern, der sich mit dem Verleih UIP zusammengetan hatte, um die zuvor mit viel Applaus gefeierte Premiere von „The Good Shepherd“ zu begießen: Im exklusiven Ambiente des Capital Club am Gendarmenmarkt.

Eine entspannte Atmosphäre, mit Robert De Niro , Matt Damon und Martina Gedeck als Hauptpersonen, um die sich die Gäste – einer sogar mit Kniefall vor De Niro – bewegten wie Planeten um ihre Fixsterne, wenn sie nicht selber sonnengleich strahlten wie Katarina Witt . Die begrüßte De Niro unter einigem Hallo und verplauderte mit ihm fast eine Stunde, stellte ihm Jack White vor – „a german producer“ – und auch dessen Janine . Eine schöne Art, einen gelungenen Kinoabend ausklingen zu lassen – und vermutlich das letzte Mal, dass man De Niro im vom Rauchverbot bedrohten Berlin an öffentlichem Ort mit Zigarre zu sehen bekam.

Vergleichbares gab es bei der Mitternachtsparty zu „Die Fälscher“ im Safe an der Potsdamer Straße leider nicht, statt dessen Disco-Knaller aus der Konserve, von fragwürdigen Remix-Versionen der Doors bis zu den Scissor Sisters. Das Filmteam traf gegen ein Uhr ein, vorneweg August Dieh l mit Freundin Julia Malik , der beim Auftritt auf dem roten Teppich neben den Kollegen Karl Markovics und Marie Bäumer auch von dem Adolf Burger begleitet wurde: dem ehemaligen KZ-Häftling und Vorbild für die Filmfigur.

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