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Historiker Jürgen Kocka sprach über die Geschichte des Wandels, von der Französischen Revolution bis zur Arbeiterbewegung - und wie man heute mit Veränderung umgehen kann.

© Kerstin Müller

Tagesspiegel-Veranstaltung "Liquid City": Podiumsdiskussion zur Angst vor der Veränderung

Globalisierung, Digitalisierung - unsere Welt verändert sich ständig, heute noch schneller als früher. Das macht vielen Menschen Angst. Wie kann man diesem Gefühl begegnen?

„Varietas delectat“ – Abwechslung macht Freude, zitiert der Historiker Jürgen Kocka den römischen Fabeldichter Phaedrus bei der Tagesspiegel-Veranstaltungsreihe „Liquid City“ auf dem Gelände des Holzmarkts in Friedrichshain. Auf die breite Bevölkerung treffe diese Aussage jedoch eher nicht zu. Abwechslung, Veränderung, Wandel mache vielen Angst, während unsere globalisierte, digitalisierte Welt nicht aufhört, sich zu verändern

Wie gehen wir damit um? Zu diesem Thema diskutierten Jürgen Kocka, Thomas Druyen, Gründer des Instituts für Zukunftspsychologie und Zukunftsmanagement und Ilka Franzmann von der Online-Petitionsplattform Change.org am Donnerstagabend. „Wenn keiner mehr alleine durchblickt, schaffen wir es vielleicht zu viert“, sagte Sebastian Turner. Der Tagesspiegel-Herausgeber moderierte den Abend.

Wandel ist nicht neu, aber er geht heute schneller vonstatten als früher, da sind die Diskutanten sich einig. Die Deutschen seien deshalb im Zwiespalt mit sich selbst, erklärt Thomas Druyen. Studien zeigten, dass der Einzelne sehr zufrieden sei mit seinem Leben.

Auf die Frage nach der Zukunft seien die Einschätzungen dagegen meist düster. Das liegt daran, so Druyen, dass die Menschen den Durchblick und somit die vermeintliche Kontrolle über die Zukunft verloren haben. Die Welt ist durch Handys, Internet und erhöhte Mobilität, um nur einige Faktoren zu nennen, größer und unberechenbarer geworden. „Große Teile der Bevölkerung leben in psychischer Bedrängnis.“ Um mit den Komplexitäten umzugehen, vereinfachen viele, „dann kommt so etwas wie die AfD raus“.

Volksabstimmungen machen Gesellschaft "unbeweglich"

Jürgen Kocka sieht in den Rechtspopulisten eher ein Phänomen funktionierender Demokratie. Als „Reparatur eines Repräsentationsdefizits“, bezeichnet er deren Aufstieg. Es zeige, dass die deutsche Verfassung flexibel genug ist, die Sorgen und Ängste von Menschen einzubeziehen in den politischen Prozess.

Gehört werden, mitwirken können. Das ist laut Ilka Franzmann auch eine wichtige Funktion der Plattform Change.org. Jeder kann hier Unterschriften sammeln, um etwa eine Gesetzesreform anzuregen. Auf Partizipation müsse auch in Zukunft mehr Wert gelegt werden, wenn man Menschen die Angst vor Wandel nehmen möchte, sagt Jürgen Kocka.

Allerdings im Rahmen der repräsentativen Demokratie. Von Volksabstimmungen hält er wenig. Sie würden die Gesellschaft „unbeweglich“ machen.

„Liquid City“ ist eine Veranstaltungsreihe des Tagesspiegels und wird unterstützt von Mercedes-Benz. Die nächste Veranstaltung findet am 6. Dezember zum Thema „Future City Design“ statt.

Infos unter: www.liquid-city.de

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