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Temporäre Kunsthalle: Fülle durch Hülle

Das Konzept der Temporären Kunsthalle hat sich bisher nicht bewährt. Wie die Halle jetzt ihre Krise überwinden will

Über Wochen haben sie sich abgeschottet und die Wunden geleckt. Der Geschäftsführer abgesetzt, der künstlerische Beirat abgetreten: Die Temporäre Kunsthalle auf dem Schloßplatz war kaum mehr als ein Rumpf. Nicht nur aus personellen Gründen, sondern vor allem, weil sich das künstlerische Konzept des verflixten ersten Jahres nicht bewährt hat: vier Künstler, vier Präsentationen von teils schon bekannten Werken. An einem repräsentativen Ort wie diesem wird man so fast unsichtbar.

„Wir werden von der Zeit gehetzt,“ sagte Volker Hassemer gestern für die Stiftung Zukunft Berlin, die der wichtigste Partner der Kunsthalle ist. Zwei Jahre am Schloßplatz sind knapp für bleibende Zeichen. Deshalb habe man seit dem Eklat im Juni alle Kräfte gesammelt und auf ein Ziel konzentriert – der Kunsthalle für die verbleibenden Monate jene Aura wiederzugeben, mit der sie einst startete.

Das fängt konkret mit der Hülle an. Über der blauen Wolke von Rockenschaub klebt an einigen Stellen schon die Fototapete, mit der Bettina Pousttchi die Halle überziehen wird. „Echo“ heißt die Arbeit der Berliner Künstlerin, die auf den Palast der Republik anspielt. Nicht als Replik auf dessen Verschwinden, darauf bestehen Angela Rosenberg als kuratorische Managerin und der neue Geschäftsführer der Temporären Kunsthalle, Benjamin Anders. Die neue Außengestaltung soll vielmehr Erinnerungen wecken – an eine junge Vergangenheit, die die Stadt mit dem Palastabriss längst ausgelöscht hat.

Ein echter Wiedergänger ist auch die Idee zur nächsten Ausstellung. „Scorpio’s Garden“ wird am 24. September während der Kunstmesse Art Forum Berlin mit Arbeiten von 35 Künstlern eröffnen. Zur Kuratorin hat man Kristine Roepstorff gemacht, die in Berlin bestens vernetzt ist. Selbst aber hat die Künstlerin bislang noch keine Gruppenschau geleitet. An die Stelle feierlicher Einzelpräsentationen tritt also das Experiment – ganz wie zu Anfang in der Palastruine. Dort begann die Temporäre Kunsthalle mit jener Ausstellung, für die Thomas Scheibitz im Winter 2005 seine Künstlerkollegen zusammenrief und den Ort im Zentrum Berlins mit Kunst besetzte.

So soll es wieder werden. Für die Kunsthalle ist das neue Konzept gut, weil es auf den laborhaften Charakter eigenwilliger Ausstellungen setzt. Und dem Besucher verspricht es Überraschungen. Noch stehen die nächsten Projekte nicht fest, doch die Zeit läuft auch hier. Schon mit der ersten Entscheidung, dem Verzicht auf Eintritt, ist man dem Ziel – der breiten Kunstvermittlung an exponierter Stelle – ein Stück nähergekommen. Seitdem hat sich die Besucherzahl erhöht: Waren es insgesamt 70 000 seit Eröffnung Ende Oktober 2008, kamen allein in den vergangenen zwei Monaten 40 000. Bleibt zu hoffen, dass die nächste Ausstellung ähnlich enthusiastisch angenommen wird. meix

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