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Kultur: Theater: Der Garten Eden geht auf Reisen

Solche Gläubigkeit aus Menschenliebe wäre gut für die Welt. Der englische Romancier Bruce Marshall (1899-1987) schenkte sie dem Helden seines 1931 erschienenen Romans "Das Wunder des Malachias".

Solche Gläubigkeit aus Menschenliebe wäre gut für die Welt. Der englische Romancier Bruce Marshall (1899-1987) schenkte sie dem Helden seines 1931 erschienenen Romans "Das Wunder des Malachias". Der Benediktinerpater mit diesem leuchtend poetischen Namen ist wohl einer, der das Glück für die Menschen will, aber Glück bedeutet für ihn die Freiheit von Sünde und das Einssein mit einem väterlichen Gott, der sich über brave Kinder freut. Malachias bittet diesen Gott um ein Wunder - und das Wunder geschieht. Ein Tanzpalast und Nachtclub, für den naiven Pater Brutstätte des Lasters, verschwindet mitten in Edinburgh und taucht auf einem einsamen Felsen in der Firth-of-Forth-Bucht wieder auf - damit aber hat das Unvorstellbare einen Haken. Die Ortsveränderung gerät nicht nur zum Streitpunkt hitziger religiöser Debatten, sie ruft auch pfiffige Geschäftemacher auf den Plan. Das Wunder missrät zu Sünde und Geschäft, wie Malachias beschämt feststellen muss. Zutiefst entsetzt, holt er den "Garten Eden" zurück an seinen Platz gegenüber der Margaretenkirche in Edinburgh.

Vor Jahrzehnten genoss Pater Malachias hierzulande große Popularität. Bernhard Wicki hatte den Roman 1961 mit Horst Bollmann in der Titelrolle verfilmt. Das Unvorstellbare fand nun in der deutschen Wirtschaftswunderzeit statt, mitten im Ruhrgebiet. "Eden" verschwand bei Wicki auf eine einsame Nordseeinsel - und musste wieder zurückkehren. Bollmanns Pater behauptete dabei eine kindlich-rundliche Naivität. Malachias erwies sich als der gute Entwurf des Menschen. Daran hält Birgid Gysi in ihrer "freien Bearbeitung" des Romans für das theater im palais fest. In dem Spiel für zwei Personen ist Winfried Wagner der Wundertätige, ein knorriger, weißhaariger Pater mit einer weltentrückten Freundlichkeit. Wie ein Turm in der Brandung steht der Mann in priesterlichem Schwarz - Wagner zeigt die leise Fremdheit des Paters und, besonders eindrucksvoll, die schüchterne, fast irritierte Freude über das Gelingen des Wunders.

Wie aber kommt ein ganzer Roman, mit nur zwei Leuten, auf die Bühne? Birgid Gysi führt eine Erzählerin ein, die Malachias erfindet und das Geschehen träumt, sich dabei in alle Personen verwandelt, denen der Pater begegnet. Barbara Kratz gibt dieser Träumerin Gestalt, stellt die Verwandlungen mit einer wundersamen Baskenmütze und mit ein paar Schleiern her. Sie bleibt aber immer die Erzählerin, zeigt neugierige Überlegenheit mit einem Hauch Ironie. Birgid Gysi, die das Spiel vor den leichten Stoffbahnen mit raffiniert verspielten Grafiken von Joachim John auch selbst inszeniert hat, kann das Geschehen im ersten Teil nicht souverän genug von theologischen Debatten befreien. Der zweite Teil mit den Folgen des Wunders gewinnt dann an Heiterkeit, Tempo und Anmut, überrascht durch gescheite Erfindungen im Weiterdenken des Romans von 1931 bis heute.

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