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Theater: Peymann will TV-Geld für Bühnen

Der Intendant des Berliner Ensembles, Claus Peymann, fordert Geld vom Fernsehen für die Schauspielerausbildung an den großen Schulen und Theatern. Dort würden schließlich die Leute entdeckt, die später zum Fernsehen gingen.

"Wir entdecken die Leute und bilden sie aus und verlieren sie dann reihenweise ans Fernsehen. Das ist ein Unrecht und eine Schweinerei", sagte Peymann im Rahmen der Ruhr-Triennale. Zugleich rechnete er mit dem deutschen Theater ab: Es fehle an guten Geschichten und mutigen Regisseuren. Peymann fügte hinzu: "Wir sind auf dem Weg in den Untergang."

"Im subventionierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen verdienen die Schauspieler 3000 Euro am Tag, so viel zahle ich in zwei Monaten. Kein Wunder, dass die gehen", sagte Peymann mit Blick auf die Abwanderung von Schauspielern zum Fernsehen. Auch die Privatsender müssten an die großen Bühnen und Schauspielschulen zahlen; schließlich profitierten auch sie vom Personal der Bühnen.

Am Theater fehle es heute vielen "Regiemarionetten" an Mut zu psychologisch ausgefeilten Charakteren und sorgfältig erzählten Geschichten, kritisierte der Regisseur. Stattdessen biederten sie sich mit heruntergeratterten Texten an die Sehgewohnheiten des Fernsehens an. "In 55 Minuten ist eine "Emilia Galotti" nicht zu spielen und ein verrappter "Othello" ist kein "Othello"."

"Qualität ist Zeit"

In dem Tempo könne sich niemand mit der Psyche der Figuren befassen. "Qualität ist Zeit, Stille, eine echte Geschichte und politische Subversivität." Wenn Regisseure dies aus Mangel an Selbstbewusstsein aufgäben, gäben sie das Wesentliche des Theaters auf. "Von den 300 Uraufführungen pro Jahr gehörte eigentlich die Hälfte in den Papierkorb, unerbittlich", sagte Peymann.

Das Theater- und Opernfestival Ruhr-Triennale hat dem Wiedersehen mit dem 70-Jährigen seinen diesjährigen Werkschwerpunkt gewidmet. Peymann war von 1979 bis 1986 Intendant des Bochumer Schauspielhauses. Unter seiner Regie geplant ist unter anderem die Uraufführung des neuen Peter-Handke-Stückes "Spuren der Verirrten" (1.10.). (mit dpa)

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