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Hitler

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Theater: Provokation: Hitler als furzender Weltmeister

Regisseur Gunther Möllmann insziniert Herbert Achternbuschs Stück "Der Weltmeister - Ein Theaterstück zu Adolf Hitler" und sorgt damit schon vor der Premiere für Aufregung. Ralph Giordano, der zuletzt noch selbst Kritikmagnet war, hält nichts davon.

Coburg - Von der deutschen Erstaufführung der Hitler-Groteske "Der Weltmeister - Ein Theaterstück zu Adolf Hitler" am Samstag am fränkischen Landestheater Coburg erhofft sich Regisseur Gunther Möllmann eine lebhafte Debatte. "Ich wünsche mir, dass hinterher eine Diskussion entsteht und es nicht sofort vom Publikum ad acta gelegt wird", sagte Möllmann. Ein Stück von Herbert Achternbusch sei sicher nichts, was man sich ansehe, ganz nett finde und danach vergesse. Möllmann räumte ein, auch er habe bei der Lektüre des Textes "natürlich" geschluckt, "was da drinnen steht, was Hitler alles für einen Schwachsinn absondert".

Die Hitler-Groteske sei ein "Super-Stück", wenn auch mit einigen "Knackpunkten". In dem Text steckten einige "Hämmer" wie die Äußerungen zur Judenvernichtung und zum Islam. Diese Aussagen seien jedoch "der Schwachsinn, der über allen Stammtischen irgendwie wabert", und der in dem Stück durch Hitler noch verschärft werde, weil die Figur "ein Stachel im deutschen Fleisch" sei. "Das ist provokant", betonte der Regisseur.

Hitler, ein inkontinenter, furzender Mann

Ähnlich wie Achternbusch, mit dem Möllmann im Vorfeld der Inszenierung Briefkontakt hatte, möchte der 57-jährige Regisseur mit der Aufführung "Hitler dahin zurückbringen, wo er herkommt: in die Familie". Es gehe ihm darum zu zeigen, "dass Hitler nicht vom Himmel gefallen ist", sondern dass Dumpfheit und falsches Verständnis zu einer fast schon groupiehaften Verehrung geführt hätten, die heutzutage bei Neonazis immer noch existiere. Auf die Reaktionen des Premierenpublikums am Samstag ist Möllmann schon gespannt: "Wenn die Leute sich durch die Figuren provoziert fühlen und sagen, das bin ich nicht, dann kann ich nur sagen: getroffen!"

In dem Stück lässt der Autor Hitler bei der Achternbusch-Familie in Niederbayern aufkreuzen. Der Führer wird als inkontinenter, furzender Mann dargestellt, der Angst vor Insekten hat, die Araber hasst und gern vernichtet sähe und selbst nach Israel auswandern will.

Harte Kritik

Die erste scharfe Kritik am "Weltmeister" kommt vom Schriftsteller Ralph Giordano. "Ich halte nichts davon, nicht das Geringste, nicht das Schwarze unter dem Fingernagel", sagte Giordano. "Was sollen all diese Fantastereien. Ich habe den historischen Hitler am eigenen Leib kennen gelernt, und der eignet sich nicht dazu, verblödet zu werden", betonte er.

Giordano sieht im Ansatz des Stücks einen "antagonistischen Widerspruch" zum historischen Hitler. Der 84-Jährige betonte, er könne mit "solchen Blödeleien" nichts anfangen. "Mehr noch: Ich bin strikt dagegen", sagte der Holocaust-Überlebende und fügte hinzu: "Und dann noch von Achternbusch. Da erinnere ich mich an andere Sachen, die er zu Hitler gemacht hat, die mir übel aufgestoßen sind."

Das bedeute nicht, dass man die Nazi-Zeit nicht auch karikieren könne. Giordano verwies auf Filme wie "Das Leben ist schön" und "Zug des Lebens" sowie das Buch "Jakob der Lügner" von Jurek Becker. (Mit ddp)

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