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Kultur: Theaterdonner: der künftige Generalmusikdirektor der Deutschen Oper dirigierte Mahler und Dvorak

"Ich beabsichtige einen Kampf darzustellen, in welchem der Sieg dem Kämpfer gerade immer dann am weitesten ist, wenn er ihn am nächsten glaubt", schrieb Gustav Mahler über seine erste Sinfonie. Ein Werk der Trugschlüsse, als Sinnbild seelischen Ringens angelegt - und ein Offenbarungseid für jeden Dirigenten.

"Ich beabsichtige einen Kampf darzustellen, in welchem der Sieg dem Kämpfer gerade immer dann am weitesten ist, wenn er ihn am nächsten glaubt", schrieb Gustav Mahler über seine erste Sinfonie. Ein Werk der Trugschlüsse, als Sinnbild seelischen Ringens angelegt - und ein Offenbarungseid für jeden Dirigenten. Groß war im Konzerthaus die Spannung, wie Fabio Luisi, ab 2001 neuer Generalmusikdirektor der Deutschen Oper, sich wohl schlagen würde. Als erstes konnten die Augen kaum glauben, was sie sahen. Der Chefdirigent des MDR-Sinfonieorchesters schien jenen Scherenschnitten entsprungen, die Mahler selbst beim Dirigieren zeigen: Unnachgiebig gegenüber dem eigenen Körper (und seinen Musikern!) drängte es den Norditaliener immer wieder zur Dramatik. Gnadenlos mahnte er markiges Fortissimo an und gestaltete die Tempi von Takt zu Takt so schwankend, wie es vom Dirigenten Mahler erzählt wird.

Das riss die Partitur auf, liess Stimmen hören, die sonst nur sauber abgedeckt, im Verborgenen existieren. Doch es panzerte auch, animierte die Musiker zu hastigem Dröhnen und leerem Lärmen. Es fehlte an menschlichem Maß. Luisi verkörpert keine Konflikte, er inszeniert sie. Er arrangiert Steigerungen - um diese dann in einem schlichten Theaterdonner zu entladen. Der Versuch eines hintersinnigen Spiels mit dem Podium als Bühne, der oft die Möglichkeiten seiner Partner, der Musiker, aus den Augen verlor.

Mit Alban Gerhardt betrat für Dvoraks Cellokonzert ein feinsinniger Solist die Szene, dessen sehniger Tonfall sein intimes Spiel zuverlässig vor trübem Sentiment schützte. Perfekt ausbalanciert, frei aller technischen Sorgen zog er recht einsam seine Runden. Denn Luisi ließ entweder die Zügel zu sehr schleifen oder griff das musikalische Böhmen mit scharfen Tutti-Schlägen an: ein trauerfarbenes Land, hochgerüstet, die Visiere fest geschlossen - ein kommender Kriegsschauplatz, keine Heimat des Glücks. Das Ergebnis dieser tour de force: Zwischen ersehntem Regenmacher und gefürchtetem Schaumschläger liegt mitunter nur ein kleiner Schritt. Doch Mahler tröstet: "So einfach ist es nicht, ein Held zu werden oder zu sein.

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